Elektrogeräte im Visier

Konsum II Kühlschränke, Fernseher und Waschmaschinen verbrauchen mitunter mehr Strom, als die Hersteller ausweisen. Schuld sind wirklichkeitsfremde Testverfahren

Alles sauber? Waschmaschinen auf einer Messe Foto: Rainer Jensen/dpa

VON RICHARD ROTHER

BERLIN taz | Volkswagen hat bereits eingestanden, bei der Kennzeichnung von Kohlen­dioxidemissionswerten – und damit beim Verbrauch – von Autos geschummelt zu haben. Vor dem Weihnachtsgeschäft gerät nun die Elektronikbranche in den Blick. Grund: Auch bei Elektrogeräten könnten die Herstellerangaben zum Energieverbrauch geschönt sein. Die Bundesregierung kann jedenfalls nicht ausschließen, „dass es bei diesen Angaben in Einzelfällen auch zu Manipulationen kommt“, heißt es in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Verbraucherschutzexpertin Renate Künast.

Die Hersteller sind verpflichtet, die durch Eigenerklärung im Rahmen des EU-Energieverbrauchsetiketts gemachten Angaben zum Verbrauch einzuhalten. Mit dem Etikett in den Farben von Rot bis Grün werden Fernseher, Waschmaschinen, Kühlschränke und andere Geräte gekennzeichnet.

Die Überprüfung der Herstellerangaben erfolge im Rahmen von Stichproben über die Marktüberwachungsbehörden der Länder, so die Bundesregierung. Im Jahr 2014 hätten neun Länder regelmäßig Labortests durchgeführt. Dabei soll es nicht bleiben: „Die Bundesregierung wird ab Januar 2016 über die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung eigene Labortests in Auftrag geben, um bei Produktgruppen, bei denen noch wenig Erfahrungen vorliegen, zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen und um bestehende Prüfmethoden weiterzuentwickeln.“

Die bisherige Unkenntnis der Bundesregierung sei verblüffend, sagte Künast der taz. Funktionierende Strukturen würden Abhilfe schaffen. “Dass ab dem kommenden Jahr nun auch endlich unter Realbedingungen getestet wird, ist überfällig.“

Ab Januar lässt die Bundesregierung endlich eigene Tests durchführen

Wie nötig bessere Tests sind, zeigt auch eine aktuelle Analyse der Stiftung Warentest. Denn die Prüfvorgaben, auf die die Hersteller ihre Geräte optimieren, stimmen kaum mit der Realität überein. Bei Kühlschränken wird beispielsweise geprüft, wie viel Strom ein Kühlschrank verbraucht, um Speisen kalt zu halten – ohne die Tür zu öffnen. Nicht geprüft wird, wie viel Strom benötigt wird, um warme Speisen oder Getränke abzukühlen. Das tun die Warentester. Ergebnis: „Viele als sparsam gekennzeichnete Modelle verbrauchen unter diesen Alltagsbedingungen mehr Strom, als das Label verspricht.“

Beispiel Waschmaschine: Der Strom- und Wasserverbrauch wird nur im Sparprogramm bei 40 und 60 Grad ermittelt. Diese Programme mit 3 bis 4Stunden dauern vielen Verbrauchern aber zu lange. Sie nutzen stattdessen andere Programme, die deutlich mehr verbrauchen. Außerdem erreichen die Maschinen mitunter die Waschtemperaturen in den Sparprogrammen nicht oder nur für kurze Zeit, was hygienische Probleme verursacht. Die Warentester hingegen bewerten die ganze Wäscherei, darunter auch die häufig genutzten Kurz-, Normal- und Pflegeleichtprogramme.