Mit Kindern in den Wahlkampf

Kommentar

von Bert Schulz

Die SPD setzt die Kitabeiträge auf null

Über Raed Saleh, den Frak­tions­vorsitzenden der SPD, ist zu Beginn dieser Legislaturperiode viel gerätselt worden: Schafft es der Newcomer aus Spandau, die Fraktion überhaupt im Zaum zu halten? Kann er umsetzen, was er verspricht? Ist er ein Schaumschläger – oder gar der künftige Regierende Bürgermeister? Am Montag hat er zumindest gezeigt, dass er sich durchzusetzen weiß: Sein Deal mit dem Koalitionspartner, die Kitabeiträge in Kürze ganz abzuschaffen, ist ein machtpolitischer Coup.

Erst vor zwei Wochen hatten sich die SPD-Mitglieder klar dafür ausgesprochen, eher die Qualität der Kinderbetreuung zu verbessern, als diese kostenlos für alle zu machen. Saleh ficht das nicht an: Er übergeht das Votum der Basis einfach. Die Qualitätsverbesserungen, die er am Montag ebenfalls angekündigt hat, sind angesichts der miserablen Situation in vielen Kitas wenig mehr als die berühmten Tropfen auf dem heißen Stein. Und es wird spannend sein, ob er von der Partei für seinen Vorstoß noch gerüffelt werden wird.

Einfache Botschaft

Das dürfte aber nicht mehr vor der Abgeordnetenhauswahl im September 2016 passieren. Denn genau darauf zielt Salehs Taktik: Im Wahlkampf ist die kostenlose Kita sehr viel einfacher und medienwirksamer zu verkaufen als etwa die Verbesserung des Betreuungsschlüssels. So können sich die Sozialdemokraten mit einem Thema profilieren, das Bildung, Integration und soziale Gerechtigkeit verbindet. Der Fraktionschef empfiehlt sich mit diesem Coup für höhere Aufgaben in der nächsten Legislatur: Es soll ja auch SPD-SenatorInnen geben, die in dieser Legislatur nicht für so viel Wirbel gesorgt haben.