Einer mit langem Atem

Er wirkte ja immer etwas provinziell, damals, zu seiner Hamburger Zeit. Dabei war Thomas Mirow, neuer Aufsichtsratsboss der HSH Nordbank, durchaus weltläufig: Als Sohn eines Diplomaten in Paris war der heute 60-Jährige zweisprachig aufgewachsen.

Wahrscheinlich ist es das diplomatisch Kühle, welches den diplomierten Politologen nie recht heimisch werden ließ im hanseatischen Kumpelnetzwerk namens SPD. Manchem gilt er als letzter unter Hamburgs Wirtschaftssenatoren, der Industrie- und Infrastrukturprojekte entwickelte und mit langem Atem umsetzte – etwa die Erweiterung des Airbus-Werkes oder die Hafencity. Aber Mirow wirkte auch mit an der Rettung der besetzten Hafenstraßen-Häuser.

Als 2003 kein Genosse sich traute, gegen den populären Bürgermeister Ole von Beust (CDU) anzutreten, warf Mirow seinen Hut in den Ring – und erhielt auf dem Nominierungsparteitag klägliche 163 von 278 Stimmen. Bei der Bürgerschaftswahl 2004 kam der Vater zweier Töchter dann als Spitzenkandidat auf nur 30,5 Prozent – das schlechteste SPD-Ergebnis seit Kriegsende.

Karriere als wirkliche Nummer eins machte der zwischenzeitlich immer wieder als Unternehmensberater tätige Mirow erst 2008: als Präsident der Osteuropabank. Das öffentliche EU-Institut in London finanziert den kapitalistischen Umbau der früheren realsozialistischen Staaten, dehnte nach der „Arabellion“ ihr Engagement nach Nordafrika aus. Dann ließ – Mitte 2012 – die schwarz-gelbe Bundesregierung den deutschen Spitzenkandidaten fallen. Zugunsten eines Briten.

Im Sommer ist der langjährige Staatsekretär eines gewissen SPD-Finanzministers Steinbrück wieder ganz in Hamburg angekommen: Mirows Alphatier heißt nun Olaf Scholz, der mit der Politisierung der Nordbank fortan die volle Verantwortung trägt. Immerhin konnte er dafür wohl kaum einen fähigeren Kopf finden als Thomas Mirow. HERMANNUS PFEIFFER