Berlinmusik

Platschen und Rumpeln

Sie nahen sich wieder. Die schattenhaften Gestalten, die sich als Kollektiv Column One nennen, haben ein neues Album vollendet. Fast zehn Jahre soll die Arbeit daran gedauert haben. Columne One, deren Logo aus drei einander überlagernden Kruzifixen besteht – zumindest eine Möglichkeit, das Symbol zu lesen –, geben ihren Hörern gern Rätsel auf. Tönende Rätsel, bei denen die Dadaisten, die Cut-up-Technik von William S. Burroughs und der radikale Kons­truktivismus als Inspiration mitgewirkt haben mögen.

Die Berliner Künstler, die sich gern maskiert inszenieren und auch mit Medien wie Film arbeiten, beschäftigen sich bevorzugt mit Kommunikation und Information in ihrer elementaren Form. Auf „Cindy, Loraine & Hank“ wird die Information in erster Linie als Umweltgeräusch interpretiert. Man hört Klänge wie das Platschen von Wasser, hallende Schritte, das Rumpeln irgendwelcher Gerätschaften, dazwischen Klänge, die vermutlich nicht aus der Umwelt stammen, sondern von elektronischen Klangerzeugern. Das alles nicht willkürlich aneinandergereiht, sondern in Form gebracht, als Musique concrète, in der auch menschliche Stimmen auftauchen können, die aber bloß wahllos Zahlen aufsagen.

Einige Stücke klingen wie düsterer Ambient, bei dem ab und zu jemand im Studio über ein paar Kabel oder Mikrofonständer gestolpert ist: Selbst in ihren ruhigen Momenten bauen Column One gern Irritationen ein. Womit sie eventueller Langeweile vorbeugen. Töne sind eben kein bloßes Sounddesign, sondern Information. Und die kann schon mal rätselhaft sein.

Weniger verrätselt gibt sich das argentinische Duo Mueran Humanos auf seinem zweiten Album „Miseress“. Die Wahlberliner Carmen Burguess und Tomás Nochteff arbeiten wie Column One ebenfalls als Künstler, die sich neben ihrer Musik mit Installationen und Video ausdrücken. In ihrer Musik dominieren hingegen Anklänge an New Wave, Krautrock und die ganze kalte Pracht der achtziger Jahre. Gelegentlich kommt die Gitarre von Gastmusiker Jochen Arbeit hinzu, sonst bei den Einstürzenden Neubauten. Ohne sich in nostalgischen Rekonstruktionen zu ergehen, ist die Klangsprache von Mueran Humanos dabei vergleichsweise berechenbar und vertraut, mit ritualartigen Songs, Synthesizer-Melancholie und insistierendem Gesang. Hat gleichwohl seinen Reiz. Tim Caspar Boehme

Column One: „Cindy, Loraine & Hank“ (90% Wasser)

Mueran Humanos: „Miseress“ (ATP)