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KUNST

KunstNatalie Mayrothschaut sich in Berlins Galerien um

Ob die Natur etwas Erholsames oder Bedrohliches ist, definiert die Perspektive. Julien Charrière spielt in „In The Land Of The Blind The One Eyed Man Loses Sight“ mit Wahrnehmung. In der Galerie Dittrich & Schlechtriem zeigt er neun junge Künstler. Die Mischung ist eigenwillig. Im Eingang kontrastieren zerfließende, in sich zusammengesunkene Vasen von Karin Lehmann die Vergänglichkeit. Das greift die Werkgruppe „Undercut“ von Étienne Chambaud auf, der mit aufgespannten Tierhäuten arbeitet. Während die Naturdokumentation aus dem Inselstaat Nauru von Nicholas Mangan mit mahnendem Charakter aus dem Keller in den Ausstellungsraum schallt. Im zweiten Stock dominieren Arbeiten von Alvaro Urbano. Durch Diaprojektion, Pappsteine, verzogene Fotocollagen und ein Wandguckloch in den Urwald pflanzt er das Draußen ins Drinnen. Das gelingt mit Installationen, die auf den ersten Blick echt wirken, allerdings künstliche Reproduktionen sind (bis 16. 1., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Tucholskystr. 36 und Auguststr. 75).

Urzeitlich geht es ebenfalls bei Anne Speier zu. Drei überdimensionale Zungen, die jeweils auf 1,5 Meter hohen Saurierbeinen thronen, tasten, fühlen ihre Umgebung ab: die Decke, die Wand und das, was sie umgibt. Nach „Seeing the Contemporary“ in der Galerie der Stadt Schwaz, zeigt die in Wien lebende Künstlerin nun in Berlin „Feeling the Contemporary“ und wendet sich nach dem Sehen dem Fühlen zu. Ihre kopflosen, aber keinesfalls herzlosen Kreaturen aus Polyurethan sind nach einem Allosaurusmodell modelliert, das jedoch ohne Schwanz auskommen muss. Neben den Plastiken zeigen drei großformatige Collagen hexenartige Wesen, deren Körper mal gewellt, mal zusammengeschnitten sind. Nun fehlt eigentlich nur noch der Geruchssinn (bis 30. 1., Keithstr. 12, Mi.–Sa. 13–18 Uhr).

Zum Sehen, Tasten und Riechen gehört das Schmecken. Doch auch wenn sich der Projektraum Frankfurt am Main Dank Deniz Eroğlu in einen Kebabtempel verwandelt, gibt es hier nichts zu Beißen, denn die wohlgeformten Spieße sind aus Glas. Genauer gesagt sind es sechs Vasen in verschiedenen Größen, lackiert in hellen und dunklen Brauntönen. Die Platzierung auf Podesten verleiht ihnen einen musealen Charakter. Der Hinterraum wird durch ein Glasbild einer Moschee abgerundet. Diese Symbole, die in „This city on the seashore, they say it is built of marble“ aufgegriffen werden, lassen den in Dänemark aufgewachsenen Städelschüler in die ferne und doch verbundene Heimat Türkei blicken (bis 13. 12., Wildenbruchstr.15, Sa. 13–17 Uhr sowie nach Absprache).

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