Henkels nutzloser Persilschein

BERICHT DES NSU-ERMITTLERS

Was hat der Innensenator eigentlich von sich aus zur NSU-Aufklärung beigetragen?

Drei Monate hatte sich Dirk Feuerberg mit nichts anderem beschäftigt als der Berliner NSU-Affäre. Der Oberstaatsanwalt wühlte sich durch Akten und Paragrafen, befragte Behördenmitarbeiter, durchforstete Festplatten. Als „unvoreingenommenen Fachmann“ lobte Henkel den 49-jährigen Schnauzbartträger – zuletzt für die Bekämpfung von Drogenkriminalität zuständig, davor für Staatsschutz –, als er ihn im September, auf dem Höhepunkt der Anwürfe, als Sonderermittler ernannte. Zum Jahresende hatte es Feuerberg geschafft: Er schrieb seinen Abschlussbericht.

Am Montag nun sollte die vertrauliche, 88-seitige Schrift im Innenausschuss präsentiert werden. Doch der Bericht sickerte bereits am Donnerstag an Medien durch. Nun war nachzulesen, was Feuerberg resümierte: Es gab keine Affäre. Streng juristisch gesehen, wie es der Staatsanwalt tat, sei alles rechtskonform gewesen.

Die Schredderei beim Verfassungsschutz: nur ein „organisatorischer Mangel“. Der Einsatz des NSU-Helfers Thomas als V-Mann des LKA: „nicht fehlsam“. Die Nichtweitergabe von Tipp zum NSU-Versteck: „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ folgenlos.

Vorsorglich schreibt Feuerberg, mit Henkel – außer über eine „erbetene Stellungnahme“ – keinen Kontakt gehabt zu haben. Dass der Ermittler unbeeinflusst recherchierte, daran besteht auch kein Zweifel. Und dass Henkel sich im Innenausschuss als Rehabilitierter präsentieren wird, auch nicht.

Nur gibt es dafür keinen Grund. Denn politisch ist Feuerbergs Bericht wertlos. Hätten sich Hinweise konkretisiert, dass Henkel oder die Polizei bei der schwersten Mordserie der jüngsten deutschen Geschichte etwas bewusst vertuscht hatte oder der Verfassungsschutz absichtlich schredderte – dann wäre der Innensenator nicht mehr im Amt.

Die Vorwürfe sind aber inzwischen andere: Was hat der Innensenator eigentlich von sich aus zur NSU-Aufklärung beigetragen? Was tat er, um Licht in die hauptstädtischen Ungereimtheiten zu bringen? Bei diesen Fragen steht auf Henkels Habenseite weiter: nichts.

Und auch wenn Feuerberg ihn freispricht – Henkel selbst hat ja bereits Fehler eingeräumt. Die Zustände in seinem Verfassungsschutz nannte er „verheerend“, seine eigene Informationspolitik „nicht sensibel genug“. Konsequenzen zog der politisch Verantwortliche – Henkel – dennoch nicht. Das wäre momentan in Berlin auch eher ungewöhnlich. Nur: Henkels NSU-Affäre bleibt damit unausgestanden.

KONRAD LITSCHKO