Null Interesse in Sachsen-Anhalt an Pariser Anschlägen
: Frühaufsteher und Spätmerker

BERLIN taz | Es gibt eine alte journalistische Rechnung, wie man auf Katastrophen in fremden Ländern reagiert: Man multipliziert die Zahl der deutschen Opfer mit der Gesamtzahl der Opfer und teilt das Ergebnis durch die Entfernung des Ortes in Kilometern. Wichtigster Quotient ist selbstverständlich die Zahl der „eigenen“ Opfer. Liegt die bei null, ist auch das Interesse gleich null. Diese Form des Uralt-Journalismus beherrscht offenbar auch die Mitteldeutsche Zeitung, die nach den Anschlägen in Paris in ihrer Online­ausgabe am Sonntag per Überschrift bekannt gab: „Wohl keine Sachsen-Anhalter unter den Opfern“. Wohl dem, der das jetzt auch noch erfahren hat. Das ist schließlich eine wichtige Nachricht: Keine Sachsen-Anhalter unter den Opfern. Dann können die Insassen des selbsternannten Lands der Frühaufsteher beruhigt wieder ins Bett gehen. Es ist alles nur halb so schlimm, wenn man Spätmerker ist.