"Vielleicht war alles ganz anders"

DIE DREI NSU-FRAGEZEICHEN

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Was? Der Bundestag hat in dieser Woche einen zweiten NSU-Untersuchungsausschuss eingesetzt. Der CDU-Abgeordnete ­Armin Schuster fiel dabei durch kühne Thesen auf.

1 Herr Schuster, Sie sagten, für Sie sei der Kopf des rechtsterroristischen NSU noch unbekannt. Wie meinen Sie das?

Armin Schuster:Ich war vom ersten Tag an erstaunt, wie ausgeklügelt perfide diese Taten geplant und umgesetzt wurden. Die Verteilung über verschiedene Bundesländer, die professionelle Tatausführung, jahrelang, ohne Spuren zu hinterlassen, das hochgerüstete Absichern der Versteckwohnung. Das passt alles nicht zu einer auf der Straße radikalisierten Terrorgruppe und auch nicht zur Typbeschreibung von ­Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt. Ich traue es ihnen einfach nicht zu. Ich frage mich ständig: Wer hat ihnen das beigebracht? Wer hat tatsächlich über Jahre eine Tatserie geplant, die die Sicherheitsarchitektur Deutschlands so überfordert hat?

2Was glauben Sie: Wer war es?

Ich weiß es nicht. Aber die ­Sicherheitsbehörden haben lange den Fehler gemacht, an ein und derselben Hypothese festzuhalten: Die Täter kamen aus dem kriminellen, ­migrantischen Milieu. Wir sollten denselben Fehler nicht auch machen. Also provoziere ich mich gerade selbst und nehme die Gegenposition ein: Kann nicht alles ganz anders gewesen sein? Gibt es vielleicht unbekannte, intellektuellere Rechtsextreme, geschult in Kampfgruppen oder bei der Bundeswehr, die die Taten planten? Ich kann es nicht belegen. Aber solange mir niemand das Gegenteil beweist und diese Fragen offenbleiben, rechtfertigt das diesen Untersuchungsausschuss. Ich habe auch große Schwierigkeiten, zu glauben, dass die gesamte deutsche V-Mann-Szene fast nichts von diesem Trio mitbekommen haben will. Sollte da noch etwas rauskommen, dann hätten wir allerdings tatsächlich eine weitere Stufe des Kontrollverlusts beim Thema V-Leute.

3 Im Münchner NSU-Prozess will demnächst ­Beate Zschäpe aussagen. Was bedeutet das für Ihren Ausschuss?

Ich bin da ganz vorsichtig. Wer sagt mir, dass das stimmt, was die Frau sagt? Wir werden die Aussage mit einbeziehen. Aber in aller Ruhe und dann, wenn es dran ist.

INTERVIEW: KONRAD LITSCHKO

Armin Schuster, Expolizist, ist Obmann der Union im neuen NSU-Ausschuss. Er war schon in der ersten Runde dabei, die von 2012 bis 2013 tagte.