Für eine gemeinsame Zukunft

Asylstreit Bundesinnenminister Thomas de Maizière will das sogenannte Dublin-Verfahren bei SyrerInnen anwenden und verblüfft damit alle

Will das Dublin-Verfahren: Bundesinnenminister Thomas de Maizière Foto: dpa

Entsetzt!

betr.: „Alle nach Dublin!“, taz vom 12. 11. 15

Ich bin ziemlich entsetzt über das Schauspiel, welches die politischen Akteure vor unser aller Augen da gerade aufführen.

Bisher war ich, trotz vieler persönlicher Kritikpunkte an vergangener und derzeitiger Politik und Gesellschaft, immer stolz auf mein Heimatland. Ich war stolz auf ein Land mit einem einmaligem Grundgesetz; auf ein Land dass viel geschafft hat, das wirtschaftlich relativ erfolgreich ist und dabei bis vor einigen Jahren fast allen Menschen eine ausreichende soziale Grundsicherung zugestanden hat; ein Land in dem viele Nationalitäten und verschiedene Religionen relativ friedlich zusammengelebt haben; ein Land, dass mit einer friedlichen Revolution den Eisernen Vorhang zum Einsturz gebracht hat; ein Land mit einem Asylgesetz, das Flüchtlinge willkommen hieß; ein Land, das von Flüchtlingen angesteuert wird, weil es Hoffnungen weckt.

Und nun?!

Ich bin beschämt über die derzeitige Politik. Es wird polemisiert, es wird auf dem Rücken der Flüchtlinge Parteipolitik und Europapolitik betrieben, und es wird den rechten Tendenzen in unserer Gesellschaft das Wort geredet. Wie sagte es noch die CDU-Parteivorsitzende: „Dies ist dann nicht mehr mein Land.“

Wo bitte bleiben die politischen Konzepte zur Eingliederung dieser Menschen. Wir könnten so viel bewegen, so viel erreichen – wie wir es bereits auch in den Jahrzehnten zuvor schon in vergleichbaren Situationen zu unser aller Vorteil geschafft haben. Wenn, ja, wenn Sie und die Regierung endlich ausreichend Geld in die Hand nehmen würden. Wir haben nun viele neue junge Bürger in diesem Land, wenn wir hier jetzt investieren würden, würden spätestens unsere Kinder und Enkelkinder davon profitieren können, wahrscheinlich auch schon wir selber. Natürlich ist es kurzzeitig eine hohe Belastung für unsere Generation, aber doch keine Überbelastung. Natürlich wird es nicht einfach werden, aber was ist denn schon einfach. Und natürlich wird es Konflikte geben, aber wo gibt es die nicht, man muss sie nur versuchen zu bewältigen. Und wenn wir es nicht schaffen, wer bitte soll es denn dann schaffen?

Ist uns denn tatsächlich damit geholfen, wenn sich die europäischen Länder an unseren Außengrenzen destabilisieren oder aber noch weitere Staaten des mittleren Ostens? Was passiert, wenn Ägypten oder die Türkei sich weiter destabilisieren? Dies wird uns doch über kurz oder lang in jedem Fall betreffen und uns letztendlich auf die Füße fallen. Sagen Sie den Leuten doch endlich die Wahrheit. Benennen Sie die Probleme, aber machen Sie gleichzeitig eine aktive Politik der Integration, eine ordentliche Wohnungsmarktpolitik, eine umfangreiche Bildungspolitik für alle Menschen, und nehmen Sie endlich die Wirtschaft in die Pflicht, denn Sie wird überproportional von der Zuwanderung profitieren. Unterstützen Sie parallel dazu jene Deutschen, die unter der unsäglichen Spar- und Umverteilungspolitik der letzten Jahre ständig neue Einschränkungen in Kauf nehmen mussten. Und geben Sie dadurch uns Deutschen und auch den Zuwanderern eine Zuversicht auf eine gemeinsame Zukunft, anstatt ständig zu polemisieren und unterschwellig Ängste zu schüren. Denn, selbst wenn wir uns abschotten würden wie Ungarn, irgendwann stehen die Menschen doch vor unserer Tür. Es liegt an uns, ob sie durch diese Tür gehen werden, oder aber ob sie diese Tür in der Zukunft überrennen werden.

Wir haben viele Entwicklungen in dieser Welt direkt und indirekt mit zu verantworten, und ich möchte meinen Wohlstand nicht weiter auf dem Leiden anderer Menschen aufbauen. Und ich möchte unseren europäischen, sich verweigernden Nachbarn zeigen, dass wir in Deutschland diese Situation bewältigen können und in einigen Jahren davon profitieren werden, weil wir es richtig gemacht haben. Ich habe keine Angst vor den Flüchtlingen, aber ich habe Angst vor einem gespaltenen, verunsicherten Deutschland und Europa, denn dies war in der Vergangenheit immer Ausgang für unsichere, gefährliche Zeiten.

Werden Sie endlich aktiv!

DANIELA STEIER, Lünen

Abgekartetes Spiel

betr.: „Ist das mit der Kanzlerin abgesprochen?“, taz vom 12. 11. 15

Na klar, ist das mit der Kanzlerin abgesprochen. Es ist ein abgekartetes Spiel. De Maiziere und Merkel streuen dem Volk Sand in die Augen. Sie spielen „guter Bulle, böser Bulle“ vor den Augen der Öffentlichkeit. Mit dem Ziel des Verschiebens der Diskussionsgrenzen und der Aushebelung des Asylrechts. De Maiziere ist nicht „uninteger“, sondern treu und loyal. Er ist Prell- und Sündenbock für alle Unschönheiten im Asylrecht, die kommen werden. Wenn er das übersteht, ist er kanzlerabel. Denn er verkörpert ein Format, das in der aktuellen Politik absolut selten zu finden ist: Linie und Integrität.

HARTMUT WINKLER, Freiberg

Mister Zuverlässig

betr.: „De Maizières neuer Alleingang spaltet“, taz vom 12. 11. 15

Anfang der Woche düpiert der Bundesinnenminister den Kanzleramtschef Peter Altmaier, nun Kanzlerin Angela Merkel. Thomas de Maizière, einst weit über die eigenen Parteigrenzen hinaus geachteter Mister Zuverlässig, begibt sich damit leider immer mehr auf die Spuren eines Horst Seehofer. Bei aller berechtigten Kritik an den zweifellos noch immer zu klärenden Sachfragen, eine seehofernde, lose Kanone an Deck kann sich gerade in der anhaltenden Flüchtlingskrise das merkelsche Regierungsschiff auf gar keinen Fall (weiter) leisten.

IRA BARTSCH, Lichtenau-Herbram

Ewiggestrige

betr.: „Einst integer, heute intrigant“, taz vom 12. 11. 15

Integer, intrigant. Man könnte hinzufügen: integriert. De Maizière hat sich in die Seehofer-Gang integriert. Aber was heißt eigentlich „Integration“ in der heutigen Bundesrepu­blik Deutschland?

Wir leben in einem Land, mit fast 17 Millionen Menschen, die einen ­sogenannten Migrationshintergrund haben. Wir sind längst, was wir einst in der Schule über die Vereinigten Staaten von Amerika lernten, ein Melting Pot. Ein Einwanderungsland, in das sich viele Bayern, Sachsen und andere Ewiggestrige partout nicht inte­grieren wollen. Irgendetwas haben wir falsch gemacht. Wenn unsere Schulen wirklich den mündigen Bürger schaffen würden, hätten wir auch andere Politiker. Der Laden muss aufgemischt werden. Vielleicht kommt die Hilfe gerade über die Grenzen.

HEINZ MUNDSCHAU, Aachen

Transparenz

betr.: „Kontingente statt Asyl“, taz vom 12. 11. 15

Mit der Unterscheidung von politisch Verfolgten und Kriegsflüchtlingen bringt Frau Helberg Transparenz in das Problem. Es scheint mir die Aufgabe der Institution taz zu werden, noch mehr Öffentlichkeit und Beachtung dieses Vorschlags zu organisieren. Der Koordinator Altmeier ist um Stellungnahme und Einwände zu bitten.

KLAUS WARZECHA, Wiesbaden