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: Rapolders Ranschmiss

Dass der 1. FC Köln nicht zur Ruhe kommt, liegt auch am Gebaren des Trainers

Am Samstag sagte Uwe Rapolder, was in Köln vor ihm nur Ewald Lienen auszusprechen wagte: „Ich muss mir ständig von 25-jährigen Journalisten anhören, was ich ändern muss. Ich bin kein Experimentierfeld für trivialpsychologische Ausflüge irgendwelcher Leute.“ Rapolder fühlt sich falsch verstanden, findet, dass seine Argumente kein Gehör finden im emotional aufgewühlten Umfeld des 1. FC Köln. Die Blätter schreiben längst, dass Rapolder „gescheitert“ sei, und schließen aus der Anwesenheit von Jupp Heynckes bei der 1:2-Niederlage gegen die Bayern, dass der Nachfolger bereitstehe.

Um seinen Job bangen muss Rapolder kurzfristig aber nicht. Er ist der Trainer, den Präsident Overath und Manager Rettig haben wollten. Die Ansicht, dass man ihm Zeit geben muss, wird in der Klubführung geteilt. Dass die Kölner Zeitungen nun den Eindruck erwecken, Rapolder sei am Ende, hat der Trainer zum Teil selbst zu verantworten.

Die Legenden über die problematische Medienstadt Köln im Ohr versuchte Rapolder von Beginn an, was Lukas Podolski so erfolgreich praktiziert: Er suchte die Nähe zu den Boulevardblättern, lieferte durch laute Kritik an einzelnen Spielern, aber auch durch große private Offenheit stets druckfrische Geschichten. Er vernachlässigte darüber jedoch seine große Stärke: die fachliche Argumentation. Seine anfängliche Kooperationsbereitschaft mit den Berichterstattern hilft ihm nun wenig, längst ist die Diskussion hoch emotional – eine Entwicklung, die Rapolder durchaus mitprägte.

Andreas Rettig, über den die SZ einst schrieb, eine seiner ersten Aufgaben in Köln sei es gewesen, „alle Informationslecks abzudichten“, um Ruhe in den Klub zu bringen, wirkt mit seiner Rhetorik der Vernunft mittlerweile nur noch wie ein einsamer Rufer im rauschenden Blätterwald. Rettig musste hinnehmen, dass der Stadtheilige Wolfgang Overath Präsident wurde – und mit Lukas Podolski ist ein Mann vom Himmel gefallen, dessen Wort wirkmächtiger ist als alles, was der Trainer so sagt. Rapolders Verzicht auf sein Steckenpferd, die fußballerische Analyse, mag opportun gewesen sein, denn man langweilt Journalisten leicht damit. Doch nun hat er 25-Jährige Geister geweckt, die er nicht mehr loswird.

Und trotzdem hat der Trainer gar nicht so Unrecht, wenn er feststellt: „Viele Fehler habe ich nicht gemacht.“ Er hat einen Kader mit offenkundigen Schwächen. Er ist weder schuld an der Formkrise, die Podolski erfasst hat, noch an der Unruhe, die der Nationalstürmer durch seinen Flirt mit den Bayern verursacht. Und das Verletzungspech der Mannschaft ist legendär. Das sind alles nachvollziehbare Erklärungen. Aber man mag sie in Köln nicht mehr hören. Es gibt ja viel aufregendere Geschichten zu erzählen. DANIEL THEWELEIT