DER US-PRÄSIDENT HAT WENIG AUSSICHT AUF EIN STRAHLENDES COMEBACK
: Schlechte Karten für George W.

Außer noch eine ganze Menge Zeit hat US-Präsident Georg W. Bush im Moment nicht viel zu bieten. Die vergangene Woche war die bislang schwärzeste seiner Regierungszeit. Der Anklage gegen Lewis Libby, dem Stabschef des Vizepräsidenten Dick Cheney, war die peinliche Schlappe in der Nominierung von Bushs Kandidatin für den Obersten Gerichtshof, Harriet Miers, vorausgegangen. Außerdem wurde der Tod des 2.000. US-Soldaten im Irak gemeldet. Wenige Tage zuvor war Bushs republikanischer Mehrheitsbeschaffer im Kongress, Tom DeLay, wegen Geldwäsche angeklagt worden. Schlimmer kann es eigentlich nicht mehr kommen für einen Präsidenten, dessen erste Amtszeit geprägt war vom Erfolg.

Ob Freunden oder Gegnern, allen ist klar, dass der Weg aus dieser handfesten Krise ein mühsamer sein wird. Zwar ist es auch manchem Vorgänger, darunter Ronald Reagan oder Bill Clinton, gelungen, sich aus der Misere wieder emporzuarbeiten, doch auf Präsident Bush warten Probleme, die komplex zu nennen noch untertrieben ist. Da wäre der – selbst im rechten Lager – zunehmend in die Kritik geratende Krieg im Irak. Zu Hause drohen hohe Energiekosten die Winterstimmung zu vermiesen. Der Wiederaufbau von New Orleans reißt riesige Löcher ins Budget. Die Mitglieder der eigenen Partei sind völlig zerstritten. DeLay, der Mann, der die zankenden Republikaner wieder zur Ordnung rufen könnte, sitzt so gut wie im Gefängnis. Und, natürlich, die Umfragewerte für George W. Bush sind tief in den Keller gestürzt.

Alles zusammengenommen eine ziemlich miese Basis für ein strahlendes Comeback. Zwar wird Bush in dieser Woche einen neuen Kandidaten für den Obersten Gerichtshof ernennen. Doch das wird kaum ausreichen, die Stimmung aufzuhellen. Denn die übrigen Baustellen sind gewaltige Strukturprobleme. Hinzu kommt, dass viele Wähler sehr enttäuscht sind von einer Regierung, die wie kaum eine andere die Wörter Moral und Rechtschaffenheit im Munde führt. Bush hat noch mehr als drei Jahre Zeit zum Regieren. Es ist jetzt schon unwahrscheinlich, dass er an den Erfolg seiner ersten Amtszeit wird anknüpfen können.

ADRIENNE WOLTERSDORF