Wie viele dürfen es denn sein?

die not der anderen Die Linke soll ja zur Zuwanderungsbeschränkung sagen, fordert taz-Autorin Barbara Dribbusch. Die meisten LeserInnen protestieren

An der österreichisch-deutschen Grenze Foto: Michaela Rehle/reuters

Es reicht

betr.: „Das Recht, nein zu sagen“, taz vom 3. 11. 15

Frau Dribbusch fordert eine Steuer­erhöhung. Das Perfide daran ist, sie nennt es Solizuschlag für Flüchtlinge, sodass jeder, der gegen diese Steuererhöhung ist, in den Verdacht gerät, unsolidarisch oder gar rechts zu sein. Frau Dribbusch fordert eine Steuererhöhung in derselben Zeitung, die mir wenige Seiten später erzählt, Deutschland sei das „Eldorado für Steuerbetrüger“.

In einer früheren Ausgabe durfte ich erfahren, dass der Rüstungsetat Deutschlands bei 46,5 Milliarden Euro liegt.

Fast 50 Prozent meines Gehalts gehen für Steuern und Sozialabgaben drauf. Ein nicht unwesentlicher Teil für Miete in der Großstadt, in der ich wohne, um zu arbeiten. Meinen „Solizuschlag“ bezahle ich bereits und gerne in Form der Kirchensteuer. Aber es reicht, kurz gesagt, ich habe keine Lust und sehe auch nicht die geringste Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit einer weiteren Steuererhöhung, auch wenn sie mir als Solizuschlag untergejubelt werden soll.

ANDREAS HÖRMANN

Frankfurt am Main

Linksversifft?

betr.: „Das Recht, nein zu sagen“,taz vom 3. 11. 15

Neben den tiefgründigen Fragen „Alle rein?“, „Alle raus?“ und „Warum kommen die?“ geht es in der Flüchtlingskrise ja auch, wie der konsternierte Gutmensch feststellen muss, ums schnöde Geld.

24 Milliarden Euro könnte der Spaß jährlich kosten, rechnet Frau Dribbusch vor. Weiter hinten im Blatt liest man dann, dass Deutschland zu den Top-Steueroasen der Welt gehört und hier jährlich Billionenbeträge steuerfrei angelegt werden.

Naiv wie der Gutmensch so ist, könnte er sich jetzt mit festem Blick auf die Finanzen fragen, welche Kosten bei „uns“ denn nun wirklich dermaßen ins Kontor schlagen, dass Sorgenfalten angebracht sind.

Steuervermeidung und -hinterziehung, durch die den öffentlichen Kassen EU-weit jährlich bis zu einer Billion Euro fehlen? Klingt irgendwie linksversifft.

Finanzkrise, Bankenrettung ohne nennenswerte Regulierung des Sektors, Wirtschaftskrise, Eurokrise, Dauerkrise, Krisekrise? Völlig abwegig. Oder Flüchtlinge? Ah, das könnte es sein. Kurz: Flüchtlinge kosten Geld. Große Unternehmen und Vermögende kosten zu viel Geld.

Wenn das Zweite ähnlich aufgeregt und prominent diskutiert wird wie das Erste und die Kosten im asozialen statt wie sonst meist die im sozialen Bereich in den Fokus der Sparfüchse rücken, tut sich vielleicht was. Aber möglicherweise geht es doch nicht ums Geld, sondern ums Prinzip. MICHAEL SCHÖFFSKI, Köln

Ehrlichere Welt

betr.: „Das Recht, nein zu sagen“,taz vom 3. 11. 15

Statt dass die taz weiter darüber aufklären würde, was die Flüchtlingsströme mit Waffenlieferungen für Kriege, mit unfairem Handel, mit notwendigen demokratischen Bestrebungen im Arabischen Frühling und mit mangelnder Unterstützung durch kaputtgesparte südeuropäische Staaten zu tun haben, macht sie im Leitartikel von Barbara Dribbusch bei der ängstlichen und kleingläubigen Diskussion über die Begrenzung der Flüchtlinge mit.

Ich finde, die Flüchtlingsströme sind durchaus eine Herausforderung, aber sie sind auch ein Geschenk, und das sollte in den Medien endlich mal deutlich gesagt werden: Sie machen unsere Welt hier in Deutschland ehrlicher!

CORNELIUS FALK, Würzburg

Nationales „Wir“

betr.: „Das Recht, nein zu sagen“, taz vom 3. 11. 15

Barbara Dribbusch postuliert das Recht Deutschlands, nein zu sagen, und möchte dafür die Unterstützung der Linken. Die Linke soll nicht mehr für Grund- und Menschenrechte, für Solidarität und sozialen Ausgleich und gegen Diskriminierung eintreten, sondern dabei helfen, die Privilegien von Deutschen gegen Flüchtlinge zu verteidigen, indem Menschen, die den Grenzübertritt trotz Verbots geschafft haben, in­haf­tiert und abgeschoben werden. Die Linken sollen also rechte Politik unterstützen. Warum es so unvorstellbar sein soll, sozialpolitisch verantwortlich auf Verfolgung und die Ungleichverteilung von Lebenschancen zu reagieren, sagt sie nicht. Kein Problem hat sie mit riesigen Lagern in Griechenland, denn das Problem sind die „irgendwann“ zu „großen Zahlen“, sprich die Menschen auf der Suche nach einem (besseren) Leben. Noch ein paar suggestive Zahlenspielchen, ein national definiertes „Wir“, das enorm großzügige Zugeständnis, dass die Geflüchteten sich schon wünschen dürfen, nach Deutschland zu kommen – flugs gleichgesetzt mit dem postulierten Recht, diesen Wunsch mit Gewalt zu unterbinden – fertig ist die Hetze im vermeintlich vernünftig-sachlichen Ton. HOLGER DIECKMANN, Bremen

Realismus nötig

betr.: „Das Recht, nein zu sagen“, taz vom 3. 11. 15

Endlich kommt ein Zeichen, dass auch Linke über das Thema einer Völkerwanderung und ihrer Behandlung in allen sozialen Feldern diskutieren müssen. In dem auch am 3. 11. besprochenen Buch von Natalie Knapp werden Zeiten der Unsicherheit, wie diese Flüchtlingsflut, als wertvoll beschrieben. Die neuen Werte können wir aber nur zeitnah erleben, wenn wir der Hetze realistische Antworten auf die Herausforderung entgegenstellen, nicht nur plakative Hinweise auf die Rüstungsexporte an die Wahhabiten oder darauf, dass der Westen schuld an der Destabilisierung im Irak und anderswo sei.

VOLKER PLASS, Tübingen

Bravo

betr.: „Das Recht, nein zu sagen“, taz vom 3. 11. 15

Bravo, Barbara Dribbusch traut sich, nein zu sagen. Endlich mal ein Kommentar, der die Flüchtlingsproblematik nicht blauäugig und hochmoralisch, sondern ausgesprochen differenziert thematisiert.

REINHARD ECKERT, Berlin

Was kosten wir?

betr.: „Das Recht, nein zu sagen“, taz vom 3. 11. 15

Barbara Dribbusch rechnet vor, was uns jeder einzelne Flüchtende kostet, und möchte sich das Recht nicht nehmen lassen, nein zu sagen. Das Recht dazu hat jeder von uns. Aber wenn in der Flüchtlingspolitik nur die Kosten entscheidend sein sollen, dann ist das keine Politik, und es wird das Ende sein, von uns und von den Flüchtlingen – aber dann auch vom Kapitalismus. Halleluja! Haben Sie schon einmal berechnet, was Sie kosten, Frau Dribbusch?

ANDREA SACHER, Unna

Nein, kein Soli

betr.: „Das Recht, nein zu sagen“, taz vom 3. 11. 15

Schon vergessen, wie die kaiserliche Kriegsmarine finanziert wurde? Die Schaumweinsteuer haben wir heute noch, die Schiffe sind längst versenkt. Was der Finanzminister einmal hat, gibt er nie wieder her. Die nächsten 100 Jahre nicht. Nein, bitte keinen Flüchtlings-Soli.

GUNDOLF SCHRÖDER, Lengede