Leserbrief
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Nur Bauherren-Interesse

■ Betr.: „Nachbarn gegen Bunker-Abriss“, taz vom 7. l. 20l3

Es fällt nicht leicht, als Betroffener einen solch unausgewogenen Artikel über den geplanten Bunker-Abriss zu lesen, wie ihn Herr Baeck abgeliefert hat.

Im Einzelnen: Eine „breite Beteiligung der Öffentlichkeit“ hat es seitens des Ortsamtsleiters nur bedingt gegeben. Schon die Information der Anwohner über die Sitzungen war begrenzt. Wirkliche Öffentlichkeit haben erst die Betroffenen in Eigeninitiative hergestellt.

Die Anwohner sind nicht gegen einen Umbau, aus ihren Reihen haben sogar zwei Mitglieder der Architektenkammer einen Alternativvorschlag zum Umbau erarbeitet, der in dem Bericht keine Erwähnung findet. Und sie sind erst recht nicht gegen einen niedrigeren Bunker-Umbau. Nur ist das von Seiten der Eigentümer nicht geplant. Geplant ist ein 5-stöckiger Neubau in 3-stöckiger Umgebung, der auf beiden Seiten um zwei bis drei Meter verbreitert werden soll.

Die Petition wird von erheblich mehr Anwohnern unterstützt als den im Artikel erwähnten 50. Inzwischen sind es annähernd 500 Bürger, die sich gegen den Abriss wehren! Deren Beweggründe haben auch nicht vornehmlich mit Asthma oder der Vorliebe für Efeu etwas zu tun, wohl aber mit den erheblichen Folgeschäden und Belastungen, die nach den Plänen der neuen Eigentümer unvermeidlich sind. Es handelt sich in diesem Fall keineswegs um eine der üblichen Lückenbebauungen, sondern um einen gewaltigen Abriss. Maßnahmen mit massiven Erschütterungen und monatelangem nervtötenden Lärm durch Sprengungen, durch Stemmhammer und Bagger, durch Abfuhr der riesigen Bauschutt-Mengen von Stahlbeton und anschließender Heranfuhr ähnlich großer Mengen neuen Baumaterials mit Hilfe von Schwerlastern, die durch das eng bebaute Wohnumfeld fahren müssen. Und dauern wird alles wahrscheinlich eher ein Jahr lang als ein paar Monate. Der Ausdruck „Lockerungssprengungen“ hat hier etwas ähnlich Anrüchiges wie z. B. die Tarn-Vokabel „Atomarer Entsorgungspark“.

Anstatt sich für eine möglichst reduzierte Belastung der Allgemeinheit einzusetzen und den alternativen Vorschlag zweier Fachleute für einen Nur-Umbau einzusetzen, redet unser Ortsamtsleiter nur dem privaten Verwertungsinteresse der beiden Architekten als Bauherren das Wort. Die sind natürlich daran interessiert, möglichst viel und möglichst teuren Wohnraum für zahlungskräftiges Publikum zu bauen. Daher die Fünfstöckigkeit und die beidseitige Verbreiterung. Diesen Durchblick hätte man von einem taz-Redakteur eigentlich auch erwarten können. Der Hinweis auf die Gefahr eines Einspruches der Nachbarn ist im Falle des Nur-Umbaus unsinnig, weil die Außenmaße in diesem Falle ja gar nicht verändert würden. Auch das geologische Gutachten müsste bei Vorhaben dieses Umfanges eine Selbstverständlichkeit sein und sollte nicht als Entgegenkommen gewertet werden. Es gibt ja nicht nur die Rechte der Bauherren. (...)

Der ganze Artikel ist ein Tendenz-Bericht, der einseitig die Bauherren und den Ortsamtsleiter zu Wort kommen lässt, auf der Gegenseite jedoch nur eine nicht unbedingt repräsentative Alibi-Stimme einer Anwohnerin.

Zum Schluss ein Zitat, das hier Orientierung geben kann: „Der Name, mit dem wir unsere politische Ordnung bezeichnen, heißt Demokratie, weil die Angelegenheiten nicht im Interesse weniger, sondern der Mehrheit geregelt werden.“

So Perikles, der Begründer der Demokratie in Athen.  Axel Boldt