Mehr Chancen für junge Knackis

Die Landesregierung will junge erwachsene Straftäter besser resozialisieren. Demnächst sollen die Knackis in separaten Wohngruppen leben und individuell geschult werden

BOCHUM taz ■ Die schwarz-gelbe Landesregierung plant einen so genannten „Jungtätervollzug“. Damit will sie die Resozialisierung junger erwachsener Straftäter verbessern. Künftig sollen Knackis im Alter von 21 bis 26 Jahren möglichst getrennt von den übrigen Gefangenen untergebracht werden. „So können die Betreuung und die Unterstützung bei Bildung und Ausbildung verstärkt auf die speziellen Belange dieser Altersgruppe abgestimmt werden“, sagt Robert Orth, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Auch NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter(CDU) ist überzeugt: „Jede gelungene Resozialisierung ist ein Beitrag für mehr Sicherheit im Lande“. Die Leiter der beteiligten Gefängnisse befürworten die Pläne ebenfalls.

Bisher wurden junge Erwachsene im Regelvollzug untergebracht. „Der Gedanke ist, dass diese Straftäter noch formbarer sind als diejenigen mit einer langen kriminellen Karriere. Deswegen bringt man sie nun getrennt von den Hardcore-Knackis in Wohngruppen unter“, so Ulrich Hermanski, Sprecher des nordrhein-westfälischen Justizministeriums. Die Planungen in den JVAs laufen derzeit auf Hochtouren. In einem Drei-Stufen-Modell bewohnen rund 100 Insassen mehrere Knäste – in der Hagener Einweisungsanstalt werden sie zuerst psychologisch untersucht und dann auf die übrigen Gefängnisse verteilt. In Aachen, Geldern und Schwerte kümmert man sich um die sozialen Defizite und versucht, die Knackis für eine Ausbildung zu motivieren.

Die Insassen profitierten von dem gestuften Prozess. „Man kann vor Ort in den Anstalten überlegen, was sich für den Gefangenen anbietet und wie man ihn qualifizieren kann“, sagt der Geldener JVA-Leiter Michael Metzner. Zudem würden mehrere Stufen des Vollzugs miteinander verzahnt. „Eine Maßnahme greift in die andere, nach der Behebung sozialer Defizite geht es weiter mit der Ausbildung“.

Wahrscheinlich müssen die Anstalten nicht einmal umgebaut werden. „Deswegen kommen auch keine Kosten auf“, sagt Ulrich Hermanski vom Justizministerium. „Es kann aber sein, dass wir beim Personal umschichten müssen“, so Hans-Joachim Gries, Leiter der JVA Aachen. In Aachen wolle man besonders die sozialen Kompetenzen verbessern, etwa durch Anti-Aggressions- und Sozialtraining. „Die Probleme der jungen Menschen sind nicht viel anders als die der älteren, aber ihre Änderungsbereitschaft und -fähigkeit ist größer“, so Gries.

In der JVA Geldern werden die jungen Straftäter im geschlossenen Vollzug ausgebildet. Probleme sieht Leiter Metzner höchstens darin, dass sich die jungen Erwachsenen dem Programm entziehen könnten. „Natürlich kann man sie nicht zu einer Ausbildung zwingen, berufliche Bildung kann nur freiwillig sein“, so der Leiter. Angedacht sei, die Insassen mit gelockerten Vollzugsmaßnahmen – etwa mehr Ausgang – zu motivieren.

Viele Insassen haben keinen Schulabschluss, können diesen aber im pädagogischen Zentrum in Münster nachholen. In Bochum-Langendreer können die Knackis schließlich im offenen Vollzug Fachabschlüsse erlangen – vom Landschaftsgärtner bis zum Industriemechaniker. Auch Teilqualifizierungen sind möglich. „Fast 100 Prozent schaffen ihren Abschluss, damit liegt die Quote höher als draußen“, so der stellvertretende Anstaltsleiter Thomas Block-Welz. Nur wenige würden vorzeitig abbrechen.

GESA SCHOELGENS