LeserInnenbriefe
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Verharmloste Droge

betr.: „Das Zauberwort heißt Prävention“, taz vom 14. 10. 15

Ich stimme Juso-Chef Kevin Kühnert zu, dass Prävention notwendig ist, um den Konsum von Cannabis (ob legal oder illegal) einzudämmen. Als Sozialarbeiter, der mehrere Jahre mit abhängigen Jugendlichen zusammengearbeitet hat, spreche ich mich aber vehement gegen eine Legalisierung der Droge aus. Nicht wenige der mir bekannten abhängigen Jugendlichen (und auch Erwachsenen) vertreten bereits die Auffassung, Cannabis „sei ja nicht so schlimm“. Wenn diese Betroffenen dann durch Prävention nicht zu erreichen sind (und solche wird es immer geben!), werden sie in ihrer Auffassung durch eine Legalisierung erst recht bestärkt. Cannabiskonsum würde daher durch eine Legalisierung nicht eingedämmt, sondern analog Alkohol und Tabak „gesellschaftsfähig“ gemacht werden. Eine gefährliche Entwicklung!

Im Übrigen: Müssen wir neben den vielen passiven Tabaktoten oder unschuldigen Opfern alkoholisierter Autofahrer demnächst noch unschuldige Cannabisopfer haben? Ich wage gar nicht an die erste Zeitungsschlagzeile zu denken: „Cannabiskonsument überfährt im Rausch unschuldigen Fußgänger.“

Die Warnung vor psychischen Langzeitfolgen schrecken kaum einen jungen Menschen ab, der möglicherweise seine Sorgen „zudröhnen“ möchte oder schlichtweg in seiner Clique mitmachen will. Durch eine Legalisierung wird dann wiederum nicht nur erreicht, den Konsum in geordnete Bahnen zu lenken oder saubereres Gras an die Konsumenten zu geben. Es wird auch eine Verharmlosung der Gefahren dieser Droge betrieben.

Ich selbst möchte zudem auch weiterhin durch Kreuzberg oder andere Stadtteile laufen können, ohne Zustände à la Amsterdam um mich herum zu haben und aus Coffeeshops mit blauem Dunst zugenebelt zu werden – wer denkt bei der ganzen Diskussion eigentlich an die vielen Nichtkonsumenten (die Mehrheit!)?

Von daher: Prävention ja! Doch die funktioniert nur mit einem klaren Nein zur Legalisierung. Alles andere ist unglaubwürdig.HENNING BECKER, Berlin

Helmträger stärker gefährdet

betr.: „Radfahren in Berlin: ,Ich rate zum Helm‘“, taz.de vom 18. 10. 15

Was den Helm angeht, ist die Zahl der Kopfverletzten unter den Helmträgern mindestens dreimal so hoch, wie unter den Nichtträgern, wenn man es an der Tragequote bemisst. (Ich habe die offiziellen Unfalldaten als Rechengrundlage genommen und alle Unfalltoten als Nicht-Helmträger gerechnet.)

Wenn man daraus nicht folgern will, dass Helme schaden, so bleibt nur zu folgern, dass wohl ein jeder selbst gut einschätzen kann, ob es ihm nützt. Eine allgemeine Empfehlung ist damit so unsinnig, wie jedem Autofahrer einen Formel-1-Helm aufzusetzen oder einen SUV-Zwang einzuführen.

Wenn man die Behauptung ernst nimmt, dass das Verletzungsrisiko im Fall eines Unfalls dreimal so hoch sei – was bisher keine mir bekannte Studie außer einer bekannt fehlerhaften behauptet hat – so ergibt sich, dass Helmträger circa zehnmal so viele Unfälle machen müssen, um auf die Zahl der vorliegenden Verletzungen zu kommen.

BODO EGGERT, taz.de