Leserinnenbriefe
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Ein politischer Mensch

betr.: „Die Denunziation“, taz vom 8. 10. 15

In meinem langen Journalistenleben habe ich verschiedentlich mit homosexuellen Kollegen zusammengearbeitet, die ich wegen ihres freundlichen Wesens und ihrer Sachkunde auf Anhieb gemocht habe. Auch wenn wir unterschiedlicher Meinung waren, hörte ich von ihnen nie ein verletzendes Wort. Umso enttäuschter bin ich, dass Jan Feddersen in dem Artikel gegenüber dem Zeit-Kollegen Adam Soboczynski einen so gehässigen Ton anschlägt, nur weil es dieser nicht richtig findet, dass Fritz Bauer in dem Film „Der Staat gegen Fritz Bauer“ als schwuler Mann dargestellt wird. Soboczynski und auch dem dienstältesten Generalstaatsanwalt der Bundesrepublik, Erardo C. Rautenberg, vorzuwerfen, in ihren Texten schimmere der „übelste Verrat an Fritz Bauer durch“, hat mit sachlicher Kritik nichts zu tun, sondern ist verletzend und bösartig.

Auch gegenüber der Historikerin Irmtrud Wojak schlägt er einen unangemessenen Ton an. Ihre wissenschaftlich fundierte Fritz-Bauer-Biografie, mit der sie sich habilitierte, nennt er „bizarr lückenhaft“. Dagegen habe der SZ-Redakteur und Jurist Ronen Steinke in einer zweiten Biografie eine „echte Würdigung Bauers“ vorgelegt. Wie soll man sich diese unterschiedliche Bewertung erklären? Anscheinend stört sich Jan Feddersen daran, dass Irmtrud Wojak die Unterstellung der dänischen Fremdenpolizei, Fritz Bauer habe im Exil Umgang mit Homosexuellen gehabt, nicht zu einem Hauptthema macht, während Ronen Steinke Fritz Bauer als einen Mann präsentiert, den die Schwulengemeinde nachträglich als ihren Helden verehren kann. Auf Seite 102 seines Buchs räumt Steinke ein, dass Äußerungen, auf die sich die Annahme stützen könnte, Bauer habe sich selbst als schwul gesehen, nicht bekannt seien. Am 19. November 2013 sagte er bei der Vorstellung seines Buchs in Berlin, es gebe niemanden, der in der Nachkriegszeit in irgendeiner Weise bestätigt habe, dass Fritz Bauer ein homosexueller Mann gewesen sei.

Im Gegensatz zu dem abfälligen Urteil Jan Feddersens nannte die langjährige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, Irmtrud Wojaks Buch über Fritz Bauer „eine Biografie mit Spürsinn“, die Neue Zürcher Zeitung schrieb, die „umfassend recherchierte Arbeit“ würdige Bauers juristisches und publizistisches Lebenswerk, die „Süddeutsche Zeitung“ stellte fest: „Eine exzellente Biographie“. Ronen Steinke bezieht sich in seinem Buch nicht weniger als 41-mal auf die Biografie Wojaks und bezeichnet sie als „hervorragende wissenschaftliche Arbeit“. Zusätzlich beruft er sich 36-mal auf Irmtrud Wojak als Mitherausgeberin des Buchs „Die Humanität der Rechtsordnung“, in dem sie zusammen mit Joachims Perelsausgewählte Schriften Fritz Bauer der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Eine persönliche Bemerkung sei mir am Schluss gestattet: Während meiner Frankfurter Zeit habe ich Fritz Bauer bei mehreren Gelegenheiten kennengelernt und fühlte mich als politisch Verfolgter des Naziregimes ihm verbunden. Ich weiß, wie unfreundlich die deutsche Wohlstandsgesellschaft mit ihm umgegangen ist, weil er die Ursachen der Naziverbrechen bloßlegte und vielen damit ein schlechtes Gewissen machte. All denen, die sich für Fritz Bauer interessieren, sage ich: Fritz Bauer war ein durch und durch politischer Mensch, weitblickend und gütig. Beschäftigt euch mit dem, was ihm wichtig war, beschäftigt euch mit den Ursachen des Bösen, das nach Ansicht Fritz Bauers Auschwitz möglich gemacht hat. Beschäftigt euch mit seiner Mahnung: „Nichts gehört der Vergangenheit an, alles ist noch Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“ KURT NELHIEBEL, Bremen

Terror von rechts

betr.: „Rechter attackiert OB-Kandidatin“, taz vom 19. 10. 15

Der Attentäter von Köln ist natürlich „ein verwirrter Einzeltäter“, wie die ganzen Brandstifter, die derzeit bundesweit ihr Unwesen treiben. Komischerweise wird bei islamistischen Anschlägen immer von gezieltem Terror ausgegangen, bei rechtsradikaler Gewalt nie. Hoffentlich wird bei diesen rechtsradikalen Anschlägen endlich mal von den geistigen Brandstiftern gesprochen: den Hasspredigern von rechts. MARKUS MEISTER, Kassel