: Grenzblockade gewaltsam aufgelöst
Nepal Protest gegen neue Verfassung führt zu großen Versorgungsengpässen und Konflikt mit Indien
Nepals Polizei hatte am frühen Montagmorgen ein Protestcamp auf der Grenzbrücke gestürmt. Demonstranten hatten sie vor mehr als einem Monat besetzt und damit Nepals wichtigste Versorgungsroute unterbrochen. Vor allem in Kathmandu kommt es seitdem zu Versorgungsengpässen. Augenzeugen zufolge prügelten Polizisten mit Bambusstangen auf Demonstranten ein und brannten deren Protestcamp nieder. Fünf Personen nahmen sie fest.
Als die Behörden den Grenzübergang wieder öffneten, überquerten 170 Lkws die Grenze in Richtung Indien. Doch Indien ließ umgekehrt keinen der mehreren tausend Lkws mit Versorgungsgütern durch, die sich seit Wochen dort stauen. Wenige Stunden nach der Grenzöffnung kam es zu neuen schweren Zusammenstößen, bei denen die Polizei das Feuer eröffnete.
Die meisten Demonstranten gehören zu Madhesi-Minderheit. Sie sind mit den Menschen im benachbarten Indien eng verwandt und leben vor allem in der Terai-Tiefebene entlang der Grenze. Madhesi-Aktivisten protestieren seit Wochen gegen Nepals neue Verfassung, die nach jahrelangem politischen Stillstand im September in Kraft trat.
Die Madhesis und Vertreter einiger anderer Minderheiten sehen sich in dem föderalen Verfassungsmodell nicht ausreichend repräsentiert. Sie werfen Politikern in Kathmandu vor, mit der Verfassung die traditionellen Machtstrukturen im Land zu zementieren. In Nepal hatten immer Mitglieder höherer Kasten aus den Bergregionen das Sagen. Alle führenden Politiker der großen Parteien stammen aus dieser privilegierten Schicht.
Indien, das Nepal als eine Art Protektorat ansieht, forderte Nachbesserungen der Verfassung. Kathmandu ließ jedoch die Proteste in der Terai-Tiefebene gewaltsam niederschlagen. Mindestens 45 Menschen kamen ums Leben. Als Delhi nach ersten Blockaden der Grenze den Grenzverkehr seinerseits stoppte, sahen das viele Nepalesen als Versuch, Druck auf Kathmandu auszuüben. Doch die dortige Regierung gab nicht nach, sondern vereinbarte vergangene Woche mit dem nördlichen Nachbarn China umfassende Kraftstofflieferungen. Die ersten 12 Tankwagen wurden am Montag in Kathmandu erwartet. Sascha Zastiral
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