LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Grotesk und absurd

betr.: „Hasserfüllt bis konziliant“, taz vom 26. 10. 15

Im Vatikan berieten und bestimmten zölibatäre Männer über eine Lebensweise, die sie selbst nicht leben. Das ist so grotesk und absurd, als würden polare Eskimos äquatorialen Regenwaldbewohnern vorschreiben, wie die in ihrer Umwelt zu leben haben! Es fällt mir wirklich schwer, keine Satire zu schreiben ...

BRUNO STOLTMANN, Boppard

Wenn die Worte fehlen

betr.: „Keiner will VW ficken“, taz vom 30. 10. 15

Wie schreibt frau einen Leserbrief, wenn ihr die Worte fehlen und ihr die, die da sind, im Hals stecken bleiben? Wo sind die Frauen in der Redaktion, die beim Lesen dieses Artikels schon beim ersten Satz auf die Barrikaden gehen müssten? Welches Rollenverständnis liegt diesem Satz zugrunde? Welche Vorstellung von Sex? Sex als Mittel, um ein Exempel zu statuieren? Oder hat sich die Bedeutung des Verbs „ficken“ verändert und ich habe einen wichtigen Bedeutungswandel verschlafen?

URSULA GROTZ, Entringen

Aussitzen und abwiegeln

betr.: „Keiner will VW ficken“, taz vom 30. 10. 15

Früher hieß es „Nestlé kills babies“, jetzt müsste es heißen „VW kills everybody“. Diese seite des skandals kommt viel zu selten zur sprache. VW hat eben nicht nur seine kunden betrogen, sondern produziert eine wirksame, aber nicht erkennbare gesundheitsgefahr für alle mit seinen besonders schmutzigen dieseln. Doch was machen unsere politiker? Aussitzen und abwiegeln.

Besonders schlimm finde ich, wenn grüne politiker wie W. Kretschmann die leute, die den autobauern zu mehr anstand verhelfen wollen/sollen/müssten, davor warnen, den „Diesel in Misskredit zu bringen“. Den haben doch schon die politiker mit ihrer unverschämten bremspolitik in Brüssel in misskredit gebracht und dann die massen von betrügern bei VW, die alle etwas von den manipulationen wussten. Oder reden die jetzt auch von „befehlsnotstand“? Ausgerechnet ein grünen-politiker! Der bringt jetzt aber seine partei „in misskredit“. Wen soll ich denn zum schutz der umwelt noch wählen, wenn „meine partei“ so offensichtlich ihr programm verrät und zur autolobby verkommt?

HANSPETER MAIER, Mörfelden

Weitermachen wie bisher?

betr.: „Acht Toiletten für 2.000 Menschen“, taz vom 30. 10. 15

Eine Melde- und Belegungspflicht für leer stehende Häuser/Wohnungen wäre das Gebot der Stunde. Stattdessen wird auf Zeit gespielt, auf dass Angela Merkel zur Vernunft komme oder gestürzt werde. Massenunterkünfte verhindern Integration und fördern Konflikte, die es bei dezentraler Unterbringung gar nicht erst gäbe. Das wissen alle – und darauf setzen viele!

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat ein zerbombtes Deutschland über 12 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aufgenommen. Und in den 60er Jahren gründeten fast 3 Millionen „Gastarbeiter“ eine neue Existenz in Deutschland. Mit Herz und Verstand wäre in unserem Land die Aufnahme von 4 Millionen Flüchtlingen (5 Prozent der Bevölkerung) möglich – eine Herausforderung und Chance zugleich – „alternativlos“?

Wollen wir stattdessen neue Todesstreifen an den Außengrenzen Europas – mit Panzern, Soldaten und Schießbefehl – sowie den Meeren als Massengräbern? Kann menschenrechtswidrige staatliche Gewalt jemals Frieden und Wohlstand sichern? Die Flüchtlingsströme zwingen uns, das Morden unserer Zeit ohne Heuchelei zu beenden. Und das ist gut so! Auf Kriege, Hunger und Armut werden „Klimaflüchtlinge” folgen – wollen wir gleichwohl weitermachen wie bisher?

HARALD IM SPRING, Schiltach

Das tut richtig weh

betr.: „Hassparolen gegen die Angst“, taz vom 2. 11. 15

Der Schmusekurs gegen AfD, Pegida und Co hat viel mit dem Erschaffen und Weiterreichen von Wörtern, von Sprache und damit von Weltverständnis zu tun. Ich weiß nicht mehr, wann es war, aber irgendwann tauchte in der Presse das Wort „Islamisten“ auf, und ich wunderte mich, weil ich dachte: Was ist ein „Islamist“? Gelten militante Juden als „Judisten“? Nein, das sind „Orthodoxe“. Gibt es „Christisten“? Nein, im Zweifelsfalle sind das „Kreationisten“. Und was sind „radikale Islamisten“, dachte ich, wo das Wort „radikal“ durchaus positiv bedeutet: einer Sache bis auf den Grund gehen und sie von der Wurzel her anpacken.

Am meisten habe ich mich geärgert, als „Pegida“ – und das auch in der taz – als „islamkritisch“ bezeichnet wurde. Das tut richtig weh. Wie kann man den wertvollen Begriff von „kritischem Denken“ so unkritisch einer Bewegung „schenken“, in der die meisten noch nicht mal wissen, was das Wort Islam übersetzt bedeutet? Fragt man heute Leute auf der Straße, was sie mit dem Islam verbinden, kommt als Antwort mit Sicherheit bei vielen: Das sind die Islamisten. HILDEGARD MEIER, Köln