LeserInnenbriefe
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Gar nicht kryptisch

Betr.: „Freie Individualität“, taz.bremen vom 30. 10. 15

„Marx hat“, sagt Herr Hoff, „im Kapital eine weitere Definition vom Sozialismus: nämlich vor allem die Entfaltung der freien Individualität.“ Bevor nun Herr Lindner Karl Marx die postume Ehrenmitgliedschaft der FDP verleiht, schauen wir uns doch an, was Marx selber im dritten Band des Kapital dazu meint, ganz ohne kryptische Verweise auf anonyme Autoren: „Die Freiheit in diesem Gebiet [der materiellen Produktion] kann nur darin bestehn, daß der vergesellschaftete Mensch, die associirten Producenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden […] Aber es bleibt dies immer ein Reich der Nothwendigkeit. Jenseits desselben beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit, das aber nur auf jenem Reich der Notwendigkeit als seiner Basis aufblühen kann. Die Verkürzung des Arbeitstags ist ! die Grundbedingung.“ (MEGA Bd. II/15. S. 795; MEW 25. S. 828) Also: Der Sozialismus bedingt den vergesellschafteten Menschen, den assoziierten Produzenten, aber auch er bringt nicht die wirkliche Freiheit, die erst jenseits der Arbeit auch im Sozialismus zu haben ist. Wo soll da die Hoffsche Individualität als Definition des Sozialismus herkommen, die dann gar als Beweis für „Überschneidungen“ mit dem Anarchismus dient? Dass sich mit Marx’Theorie der Staatssozialismus Lenin-Stalinscher Prägung mit seinen Stachanows und Henneckes, KGBs und Stasis nicht nur „schlecht“ (Hoff), sondern gar nicht verträgt, geradezu die Antithese bildet, sei nur am Rande erwähnt.  TILL SCHELZ-BRANDENBURG, Mitarbeiter der Marx-Engels Gesamtausgabe (MEGA), Bremen

Faulheit, erbarme dich

Betr.: ders.

Wie schrieb schon Marxens Schwiegersohn Paul Lafargue in seinem Hauptwerk „Das Recht auf Faulheit“: „O Faulheit , erbarme Du Dich des unendlichen Elends. O Faulheit, Mutter aller Künste und der edlen Tugenden, sei Du der Balsam für die Schmerzen der Menschheit.“ Soviel Klarsicht schon vor 135 Jahren! EBERHARD B. PLÜMPE, Otium-Gesellschaft zur Förderung des Müssigganges.

Eid weiterentwickelt

Betr.: „Der Streit ums gute Sterben“, taz.bremen vom 30. 10. 15

Der hippokratische Eid der Mediziner und die Medizin selber haben sich in den letzten 1.000 Jahren weiterentwickelt. Er läßt durchaus Operationen zu.  RUDOLF FISSNER, taz.de

Sehr viel Blödsinn

Betr.: „Der Streit ums gute Sterben“, taz.bremen vom 30. 10. 15

Ich distanziere mich ganz klar davon gesagt zu haben: „…so bescheuert sind wir nicht mehr“. Diese Aussage ist völlig zusammenhangslos, vor allem in Verbindung mit dem, was Sie danach schreiben. Das habe ich nicht gesagt. In meinem Eingangsstatement habe ich gesagt: „Hier wurde viel Gutes und Kluges gesagt aber auch sehr viel Blödsinn.“ Ich habe wortwörtlich gesagt: Herr Böllinger, Sie irren, wenn Sie glauben, dass in Ihrem Beispiel eine Garantenpflicht bestände.  HANS-JOACHIM WILLENBRINK, Chefarzt der Klinik für Schmerztherapie und Palliativmedizin, Klinikum Links der Weser