Das alte Beutemuster

Nicht gegendarstellungsfähig (XXV): Jony Eisenbergs juristische Betrachtungen. Heute: Die Bürgerrechte

Am vergangenen Montag hat Holtzbrinck den Berliner Verlag an die britisch-irisch-US-amerikanischen Heuschrecken verkauft – trotz des linksliberalen Gejammers über den „Ausverkauf Deutschen Kulturgutes an ausländische Kapitalisten“. Kaufpreis und Vertragsinhalt bleiben unbekannt. Der deutsch-rheinische Verlegerpatron geht mit seinem Angebot leer aus. Warum? Weil er ein echter Wettbewerber wäre im Gegensatz zu den Heuschrecken?

Holtzbrinck hat schon zu einem früheren Zeitpunkt versucht, eine seiner Zeitungen bei einem ehemaligen Manager zu parken. Das Bundeskartellamt hat das nicht akzeptiert. Wenn mit Zeitungen nicht die Extraprofite zu verdienen sind, die die Heuschrecken zu verdienen gewohnt sind, dann wirft dieser „Verkaufsvorgang“ trotz gegenteiliger Äußerungen aus dem Milieu von Holtzbrinck die Frage auf, ob die Heuschrecken nicht in Wahrheit nur Platzhalter sind? Finanzdienstleistungen gehören schließlich zu ihrem Kerngeschäft. Die „sanieren“ und halten, bis die deutsche Kartellrechtslage sich geändert hat. Warum wird der Vertrag nicht der Öffentlichkeit gezeigt?

Bürger- und Justizgrundrechte werden Beute der Großkoalitionäre. Letzte Woche auch erfahren wir: Die Großkoalitionäre einigen sich auf wenig, aber auf die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung. Rechtsstaatlich bedenklich, wird sie von den meisten Strafjuristen und ihren Verbänden abgelehnt, von Polizeilobbyisten gefordert: Der Handel zwischen Kronzeugen und Ermittlungsbehörden zu Lasten der Sachverhaltsaufklärung und Feststellung von tatsächlicher Schuld ist mit Kronzeugenregelungen nicht zu verhindern, eröffnet aber Spielräume für Polizei- und Staatswillkür. Genau diese Gefahr hat zur Beseitigung dieser Regelung durch die rot-grüne Koalition geführt.

Die Großkoalitionäre gehen davon aus, dass mit liberalstaatlichen Positionen in der großen Koalition kein Profil zu gewinnen ist. Also kömmt es nicht darauf an, besseren Einsichten zu folgen und Justizgrundrechte (Unschuldsvermutung, Verbot des Handels mit Strafe und Erkenntnisverfahren zwischen Staat und Kriminellen zu Lasten Dritter) zu verteidigen. Das zeigt: Fehlt den Sozialdemokraten das grüne Korrektiv, den C-Parteien das Korrektiv der FDP, dann sind Bürger-, Justizgrund- und Freiheitsrechte in unmittelbarer Gefahr.

Wir erinnern uns, dass die alte und neue Justizministerin versucht hat, selbst gegen den Widerstand der Grünen eine Regelung zum großen Lauschangriff durchzusetzen gegen die klaren Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Wir erinnern, dass die Sicherheitshaft für Ausländer, die nicht abgeschoben werden können, und von denen Polizeigefahren ausgehen, bis zu eineinhalb Jahren (wohlgemerkt ohne Vorliegen einer Straftat) am Widerstand der „Rechtsstaatsparteien“ gescheitert ist. Die brauchen CDU und SPD jetzt nicht mehr. Pressemeldungen ist zu entnehmen, dass sie bereits verabredet haben, die große Koalition zu nutzen. Die Bürgerrechte sind CDU und SPD hilflos ausgeliefert. JONY EISENBERG