POLITIK

PolitikJörg Sundermeiersichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

Der kommende Freitag wird zu einem Tag der Klassik werden – oder aber auch der Nachklassik. Denn egal, wohin immer die Germanistik den guten Friedrich Hölderlin einsortiert hat, für Johann Thun ist der Dichter, der zuletzt im Tübinger Turm sein Dasein fristete, ein „Dichter der Anarchie“ gewesen. Mit dem Briefroman „Hyperion“, dem Dramenfragment „Der Tod des Empedokles“ und weiteren Gedichten und Schriften will Thun in der Bibliothek der Freien (Greifswalder Straße 4, 19 Uhr) zeigen, dass Hölderlin noch vor den Gründervätern der anarchistischen Bewegung herrschafts- und staatskritische Texte verfasst hat. Nicht umsonst sei selbst der Herausgeber der „Frank­furter Hölderlinausgabe“, D. E. Sattler, zum Verfasser des Buches „Thesen zur Staatenlosigkeit“ geworden, aufgrund der Hölderlin-Lektüre. So studieren wir denn die Klassiker_innen, denn, wie uns Hölderlin selbst wissen ließ: „Was bleibet aber, stiften die Dichter.“

Der Samstag sieht die Berliner_innen dann vor dem Roten Rathaus (16 Uhr), denn dort will die AFD nach dem Vorbild ihrer Thüringer Parteigenoss_innen für ein Deutschland der totalen Totaldeutschigkeit demonstrieren, und dabei unterstützen wir sie doch gern mit allen Kräften und jeder Menge Jubellärm.

Am Montag wird ebenfalls für Deutschelei demonstriert, diesmal von der NPD und ihrer Klientel – und das in Schöne­weide. An der Ecke Sterndamm / Großberliner Damm (18 Uhr) wird daher unter dem Motto „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda! Rassistischer Hetze entgegentreten! Solidarität mit Geflüchteten!“ gegen die braune Horde demonstriert, denn es zeigt sich, dass auch Berlin immer mehr in den Fokus der Rechten gerät, die auch in der Hauptstadt nationale Akzente setzen wollen – und zurzeit und Aufgrund der Verwirrung auch vieler bürgerlicher Politiker_innen haben sie ja leider ganz schön Wasser unterm Kiel. Das soll ihnen genommen werden.

Danach kann man das verlängerte Polit-Wochenende dann auch mit einer Lesung ausklingen lassen, unter der Songzeile „Der Traum ist aus“ wird in der Baiz (Schönhauser Allee 26a, 20 Uhr) an den 25. Jahrestag der Räumung der Mainzer Straße in Friedrichshain erinnert, ein Höhe- und Tiefpunkt in jedem Häuserkämpfer_innenherz zugleich. Die damaligen Redakteure der Ostberliner Zeitschrift Telegraph haben seinerzeit die drei Tage währende Räumung journalistisch begleitet, ihre Texte, die nun den Charakter von Zeitdokumenten haben, sollen noch mal an die alten Tage erinnern. Damit es nächstes Wochenende frisch zur Sache gehen kann …