heute in Bremen
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"Beihilfe zum Suizid"

Debatte Über den richtigen Rahmen für Sterbehilfe wird in der Arbeitnehmerkammer diskutiert

Thomas von Zabern

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66, Sozialwissenschaftler, Mitglied im Landesvorstand der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union.

taz: Herr von Zabern, wenn fast 80 Prozent der Deutschen für die Legalisierung von Sterbehilfe sind – wieso ist die Sache nicht entschieden?

Thomas von Zabern: Die Sache ist tatsächlich schon entschieden: Die rechtlichen Regelungen in Deutschland lassen Sterbehilfe als Beihilfe zum Suizid durch den Arzt zu. Das wissen die meisten nicht. Verboten ist die aktive Sterbehilfe, das Töten auf Verlangen. Aber daran wird sich auch nichts ändern.

Und trotzdem berät der Bundestag darüber?

In der Tat: Es gibt vier unterschiedliche Gesetzentwürfe, und die werden heute von den Bremer Bundestagsabgeordneten Marieluise Beck (Grüne), Birgit Menz (Die Linke) und Elisabeth Motschmann (CDU) kurz referiert, bevor wir die Diskussion fürs Publikum freigeben. Es ist also kein klassisches Podium, hier sollen die BürgerInnen wirklich ihre Fragen und Anregungen vortragen können, zu den Entwürfen. Die Gesetzesvorhaben reagieren vor allem auf eine befürchtete Kommerzialisierung.

Inwiefern?

Es gibt die Sorge, dass sich in Deutschland Vereine gründen könnten, von denen behauptet wird, dass sie aus der Sterbehilfe ein Geschäft machen.

Also nach dem Dignitas-Modell von Ludwig A. Minelli in der Schweiz ...?

Ja, oder dem, was Roger Kusch gegründet hat ...

... der frühere Hamburger Justizsenator.

Ja. Allerdings ist auch die Zahl der Deutschen, die in die Schweiz zum assistierten Sterben gefahren sind, nicht explodiert.

Fragt sich bloß, warum die Menschen dorthin fahren, wenn die Beihilfe zur Selbsttötung auch in Deutschland legal ist?

Das Problem hier ist, dass zehn von 17 Ärztekammern das ablehnen. Die bedrohen ihre Mitglieder damit, ihnen in diesem Fall die Approbation zu entziehen.

Ein Berufsverbot ohne Gesetzesverstoß?

Uns ist kein Fall bekannt, in dem das wirklich dazu gekommen wäre. interview: bes

Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben und Humanistische Union: „Neuregelung der Sterbehilfe?“: 18 Uhr, Kultursaal der Arbeitnehmerkammer