Amazon-Programme? Super. ZDF-Mediathek? Super. Sky Go? Super.
: Alles bleibt geil

Foto: Mathias Königschulte

Fernsehen

Jürn Kruse

Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, ich kann Sie beruhigen: Es ist alles super im Fernsehen. Alles. Also: Klappe halten, weiter gucken, weiter zahlen.

Das habe ich auf den Münchener Medientagen gelernt. Dort machte am Mittwoch der „TV-Gipfel“ den Auftakt zu den vielen Diskussionsrunden, die noch folgen sollten und werden. Untertitel: „Wie das Kräftespiel zwischen Glotze, Netz und Nutzer unser Fernsehen verändert.“

Vorab, worum es nicht ging: um die Nutzer. Stattdessen setzt Roy Price, Vice President der Amazon Studios in Los Angeles, mit seinem Impulsreferat einen derart starken Impuls, das ihm alle Diskutanten folgen sollten. Schließlich ist Amazon Instant Video genauso wie Netflix der heiße, supergeile Scheiß im Fernsehen von morgen. Vielleicht sogar von übermorgen. Price machte aus seinem Vortrag eine Werbeshow. Ein paar Binsen darüber, wie Serien sein müssten (kantig; dürfen nicht allen gefallen; die Macher müssten voll dahinterstehen; laberrhabarber), wurden verwoben mit Trailern; mit Werbung für seine Videoplattform und für die im November startende Serie „The Man in the High Castle“, eine Dystopie über die USA, die den 2. Weltkrieg verloren haben.

Da wollte natürlich anschließend niemand zurückstehen. Also erzählte ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler, was das ZDF schon geiles Ähnliches gemacht hätte, nämlich „Unsere Mütter, unsere Väter“ („UMUV“). Diese drei Filme scheinen beim ZDF und der Ufa zu neuen Zeitrechnungen geführt zu haben: v. „UMUV“, n. „UMUV“. Die Zeit n. „UMUV“ zeichnet sich dadurch aus, dass bei jedem mehr oder weniger öffentlichen Anlass auf diese Filme verwiesen werden muss. Wer das nicht tut, muss Buße tun oder kommt in die Fernsehhölle.

Jay Marine, auch von Amazon, war natürlich auch voll des Lobes für sein eigenes Programm. Wolfgang Link, Chef von ProSiebenSat.1, findet, dass sein „Content Powerhouse“ alle Kanäle super bespiele, die junge Zielgruppe erreiche und mit diversen Sendern, Produktionsfirmen und Video-on-Demand-Angeboten (Maxdome) wirklich ganz toll dastehe. Und Sky-CEO Carsten Schmidt verwies darauf, dass man mit Sky Go ja als Erstes in Deutschland das Überallfernsehen quasi eingeführt hätte.

Wie Sie an dieser Aussage sehen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, ging es hier wirklich nie um Sie. Denn hätte Herr Schmidt Sky Go mal ausprobiert, hätte er es nicht erwähnt. Suchen Sie dort mal Inhalte. Ein großer Spaß, wie wahllos die ausgespuckt werden. Versuchen Sie mal ein Bundesligaspiel zu schauen, ohne dass immer wieder das Livebild stehen bleibt. Gucken Sie mal bei Twitter während eines wichtigen und Sky-exklusiven Champions-League-Spiels, wie viele Nutzer vor Wut überkochen, weil wieder alles zusammengebrochen ist. Bei der ZDF-Media­thek ist es übrigens nicht viel besser. Ein „Neo Magazin Royale“ ohne Nachladen und Ruckeln? Vergessen Sie es.

Trotzdem: Alles super. Bei ProSieben, bei Sky, beim ZDF. Schade, dass sie nicht so konsequent waren, statt ihrer Chefs gleich ihre Werbetrailer zu schicken.

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