Kein Lächeln für die Kamera

Teuer und umstritten: Ab heute erstellen Meldeämter den biometrischen Reisepass

BERLIN afp/ap/taz ■ Reisen wird teurer – zumindest für jene, die einen Pass beantragen müssen. Denn ab heute gibt es auf dem Amt nur noch den so genannten elektronischen Pass, kurz ePass genannt. Er kostet 59 statt bisher 26 Euro und enthält einen Chip, auf dem die persönlichen Daten des Inhabers sowie sein Foto gespeichert werden. Ab März 2007 sollen zudem Fingerabdrücke erfasst werden.

Wer einen Reisepass beantragen will, muss nun hochwertige Fotos mitbringen. Ein Schnappschuss aus dem Automaten reicht meist nicht aus. Der Passinhaber sollte frontal abgebildet sein. Lächeln fürs Passfoto ist fortan verpönt. Verlangt ist ein möglichst neutraler Gesichtsausdruck. Zudem sollten Kopf und Haare vollständig sichtbar sein. Kopftücher sind nur aus religiösen Gründen ausnahmsweise erlaubt.

Der Hintergrund der Neuerung: Der ePass soll schwerer zu fälschen sein als sein Vorgänger. Langfristig sollen dank der im Chip gespeicherten Daten die Grenzkontrollen elektronisch ablaufen können.

Viele Deutsche hingegen stehen dem neuen Pass skeptisch gegenüber. Sie finden das neue Dokument nicht nur unnötig teuer, sondern fürchten auch den Missbrauch der gespeicherten Daten. Daher bescherte die Passnovelle den Einwohnermeldeämtern in den letzten Tagen und Wochen einen Massenansturm. In manchen Ämtern gingen im Oktober fast doppelt so viele Anträge für einen Reisepass ein wie im Vormonat.

So etwa in Dresden: Normalerweise wollen in der sächsischen Metropole 2.700 bis 2.800 Bürger pro Monat einen Reisepass, im Oktober könnten es laut Regina Ebeling, Abteilungsleiterin Passwesen, bis zu 5.000 Stück sein: „Für die meisten Leute ist das vor allem eine Frage des Preises.“ Die fertigen Pässe erhielten die Bürger aber dennoch nach den auch bislang üblichen vier bis fünf Wochen. „Beim neuen Pass müssen die Leute dagegen wegen der technischen Umstellung in der Bundesdruckerei in der ersten Zeit etwa acht Wochen warten“, so Ronald Vizetum, Meldeamtsmitarbeiter in Nürnberg.

Der neue Monat bringt noch eine weitere Novelle – die allerdings weniger den Normalbürger als mutmaßliche Straftäter betrifft. Ermittlungsbehörden können nun stärker als bisher die DNA-Analyse einsetzen. Die Zustimmung eines Richters ist in einigen Fällen nicht mehr zwingend. So dürfen Staatsanwaltschaft und Polizei die Analyse auch anordnen, wenn nicht sofort ein Richter erreichbar ist und die Gefahr weiterer Straftaten besteht. Die Zustimmung eines Richters kann auch entfallen, wenn der Verdächtige freiwillig der DNA-Analyse zustimmt.

Im November tritt zudem das „Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ in Kraft. Hinter dem Wortmonstrum verbirgt sich eine Novelle, die geprellten Anlegern helfen könnte. Das Gesetz ermöglicht es, Aktionärsklagen zu einem Musterprozess zu bündeln.

Jeder Geschädigte kann ein solches Verfahren beantragen. Liegen zehn vergleichbare Streitfälle vor, wählt das zuständige Gericht einen aus. Das Urteil dient dann als Basis für alle vergleichbaren Streitigkeiten. Der Vorteil: Prozesse mit vielen Klägern, bei denen bisher jeder Fall individuell entschieden werden musste, könnten enorm vereinfacht und beschleunigt werden.

Ein erster Test für das Gesetz steht womöglich unmittelbar bevor: Im Großprozess zehntausender Kleinaktionäre gegen die Deutsche Telekom strebt der Vorsitzende Richter eine Entscheidung nach dem neuen Gesetz an.