Heftige Proteste gegen eine völlig korrupte Regierung

Montenegro Die Opposition will die langjährige Macht von Präsident Milo Đukanović brechen.

In der Hauptstadt Podgorica waren Ärger und Wut spürbar Foto: reuters

BELGRAD taz | Seit über drei Wochen demonstriert die oppositionelle Demokratische Front (DF) in erster Linie gegen das „korrumpierte“ und „antidemokratische“ Regime von Präsident Milo Đukanović. In zweiter Linie geht es dabei auch um die Mitgliedschaft Montenegros in der Nato. Als die Polizei die Zelte und die Bühne der Demonstranten am Wochenende räumte, kam es zu Krawallen.

Tränengas wurde eingesetzt, mehrere oppositionelle Abgeordnete wurden in der Rauferei mit Polizisten leicht verletzt, Journalisten festgenommen. Die DF gab Đukanović bis kommenden Samstag Zeit zurückzutreten und eine Übergangsregierung zu bilden. Andernfalls werde man „ganz Montenegro nach Podgorica bringen“.

In der DF haben sich die Neue serbische Demokratie (NSD) und die Bewegung für Veränderungen (PZP) mit dem Ziel zusammengetan, die Regierung zum Rücktritt zu zwingen. Beide Parteien boykottieren das Parlament. Der Frust der montenegrinischen Opposition ist verständlich. Seit 1991 regiert Milo Đukanović (53) souverän in Montenegro, mal als Staats-, mal als Ministerpräsident. Er hat die Trennung von Slobodan Miloševićund die Loslösung von Serbien überlebt. Selbst massive Vorwürfe, in den Schmuggel mit Zigaretten und Erdöl verwickelt zu sein und mit dem organisierten Verbrechen zusammenzuarbeiten hat er bislang überstanden. Auch der Verdacht, quasi der Capo di tutti capi von Montenegro zu sein, prallten an ihm ab; er gewann bislang eine Wahl nach der anderen.

Nun will Đukanović, wieder einmal Regierungschef, Montenegro in die Nato bringen. Laut Meinungsumfragen hat er dafür jedoch nicht die notwendige Unterstützung in der Bevölkerung, für die Mitgliedschaft in der Nato müssten über 50 Prozent der eingeschriebenen Wähler stimmen. Die Nato ist bei vielen Serben und Montenegrinern wegen der Luftangriffe auf Serbien und Montenegro 1999 verhasst. Die DF warnte die Nato-­Staaten davor, sich mit einer „illegalen“ Regierung gegen den Willen des Volkes auf eine Mitgliedschaft Montenegros in der Allianz einzulassen.

Die regierende Koalition von Đukanović’Demokratischer Partei der Sozialisten (DPS) giftete zurück und bezeichnete die Proteste der DF als „antidemokratisch, anti-Nato und antizivilisatorisch“. Das traditionell prorussische Montenegro hat sich sogar den Wirtschaftssanktionen gegen Russland angeschlossen. Andrej Ivanji