Wenn Mieter gut beraten sind

Hilfe Einige Städte zahlen Hartz-IV-Empfängern in begründeten Streitfällen den Mitgliedsbeitrag für den Mieterbund

42 oder nur 36 Quadratmeter? Ein Vermieter musste wegen falscher Angaben 5.000 Euro an die Kommune zurückzahlen  Foto: Jens Kalaene/dpa

von Joachim Göres

Werner Schade* lebt in einer 42 Quadratmeter großen Wohnung. So steht es zumindest in seinem Mietvertrag. Irgendwann kommen dem arbeitslosen Mann, der von Hartz IV lebt, allerdings Zweifel. Er holt seinen Zollstock raus und zählt beim Nachmessen lediglich 36,5 Quadratmeter. Ihm könnte es egal sein, denn die Miete wird ja vom Amt gezahlt. Aber so denkt Schade nicht.

Er geht zum Mieterbund in Hannover und schildert seinen Fall. Doch dieser könnte eigentlich nichts für ihn tun, denn Schade ist weder Mitglied noch kann er sich den Beitritt leisten. Doch in der Region Hannover übernimmt in entsprechenden Fällen das Jobcenter für ein Jahr den Mitgliedsbeitrag, wenn berechtigte Aussichten bestehen, dass so öffentliche Gelder eingespart werden können. So wie bei Werner Schade, der nun von Stephan Lohoff, Volljurist beim Mieterbund Hannover, vertreten wird.

Der Vermieter habe Schades Angaben bestritten, berichtet der Anwalt. „Er schaltete dann selbst einen Gutachter ein und ließ die Wohnung vermessen.“ Der Gutachter des Vermieters stellte fest, dass die Wohnung sogar kleiner als 36 Quadratmeter ist. „Letztlich musste der Vermieter für zehn Jahre rund 5.000 Euro für die zu viel verlangte Miete an die Kommune zurückzahlen“, sagt Lohoff. Nach seiner Erfahrung ein typischer Fall: Viele Vermieter setzen darauf, dass sich arme Mieter nicht mit Mietrechtfragen auskennen und dass die Ämter wegen Überlastung keine Zeit haben, falsche Angaben zu überprüfen. Bis zu 350 Fälle, bei denen das Amt die Mitgliedsbeiträge übernimmt, vertritt der Mieterbund in Hannover jährlich. „Meist kommen die Mandanten von sich aus zu uns, manchmal werden sie uns auch vom Amt geschickt“, sagt der Jurist. Dabei gehe es etwa um Schimmel in der Wohnung oder undichte Fenster. „Fälle, bei denen wir eine Mietminderung geltend machen, um den Vermieter zur Mangelbeseitigung zu bewegen“, so Lohoff.

Der Jahresbeitrag von 64 Euro plus 20 Euro Aufnahmegebühr decken für den Mieterbund meist nicht die Kosten, die durch die Beratung in solchen Fällen entstehen. „Wir bezuschussen finanziell, doch letztlich spart die Allgemeinheit dadurch Geld und das wollen wir unterstützen“, so der Anwalt.

In der Region Hannover, zu der die Stadt Hannover und 21 Umlandgemeinden gehören, ist unklar, wie viel Geld durch den Einsatz des Mieterbundes tatsächlich gespart wird. Die Übernahme des Jahresbeitrags sei aber nicht nur wegen der Einsparungen bei Mietzahlungen gut investiertes Geld, findet Christina Kreutz, Sprecherin der Region Hannover. So könne nämlich auch bei ungerechtfertigten Kündigungen drohende Obdachlosigkeit verhindert werden. „Eine Erklärung zur Kostenübernahme kann auch der Verbesserung der Wohnsituation dienen, wenn die Wohnung von Schimmel befallen ist“, so Kreutz.

Laut Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbundes, übernehmen auch andere Städte wie Hamburg, Kiel und Neubrandenburg in begründeten Streitfällen mit dem Vermieter den einmaligen Jahresbeitrag für die Mitgliedschaft in einer Mieterinteressenvertretung.

Das sei allerdings eine freiwillige Leistung, vor der die meisten Kommunen zurückschreckten, sagt Ropertz. In größeren Städten setze langsam ein Umdenken ein. Die Ersparnis liege auf der Hand.

„Der Vermieter muss für zehn Jahre 5.000 Euro an die Kommune zurückzahlen“

Stephan Lohoff, Mieterbund Hannover

Doch auch wo die Mitgliedsbeiträge für Mietervereine nicht übernommen werden, können arme Mieter auf rechtliche Unterstützung bauen, sagt Frank Rajewski, Rechtsanwalt aus Celle. Beim zuständigen Amtsgericht können sie einen Beratungshilfeschein beantragen, wenn sie nachweisen, dass sie von Hartz IV leben. Mit diesem Schein haben sie einen Anspruch auf Rechtsberatung durch einen Anwalt. Manche Anwälte nehmen dafür zehn Euro andere nichts, sagt Rajewski. Sollte es zu einem Verfahren vor Gericht kommen, kann dafür Prozesskostenhilfe beantragt werden.

Ein Risiko bleibt allerdings: In einem Zivilprozess muss man bei einer Niederlage die Kosten der Gegenseite übernehmen. Die werden nicht durch die Prozesskostenhilfe gedeckt.

* Name geändert