Schrumpfkur bei Air Berlin – jede zehnte Stelle bedroht

ARBEIT Deutschlands zweitgrößte Fluglinie will in allen Bereichen 900 Arbeitsplätze streichen

„Das Management dreht immer an denselben Schrauben“

AIRLINE-ANALYST JÜRGEN PIEPER

FRANKFURT/MAIN rtr | Kahlschlag bei Air Berlin: Eine Woche nach seinem Amtsantritt macht der neue Airline-Chef Wolfgang Prock-Schauer ernst und streicht jede zehnte Stelle. Insgesamt sollten rund 900 Arbeitsplätze wegfallen, betriebsbedingte Kündigungen seien nicht ausgeschlossen, teilte Deutschlands zweitgrößte Fluglinie am Dienstag mit.

Betroffen seien Mitarbeiter in allen Unternehmensbereichen – sowohl Piloten und Flugbegleiter als auch die Angestellten am Boden und in der Verwaltung, sagte ein Konzernsprecher. Die Gewerkschaft Ver.di will dies nicht hinnehmen und kündigte an, um jede Stelle zu kämpfen.

Bis Ende 2014 will die Airline mit 9.300 Mitarbeitern, die seit Jahren rote Zahlen schreibt, insgesamt die Kosten um 400 Millionen Euro senken. Zuletzt hatte die Airline im Jahr 2007 Gewinn gemacht. Der einstige Konzernlenker Hartmut Mehdorn hatte den verschärften Sparkurs im November angekündigt. Er hatte das Streckennetz zusammengestrichen und den Verkauf überflüssiger Flugzeuge angestoßen. Die Maßnahmen sollten die Kosten im Jahr 2012 um 230 Millionen Euro drücken. Vorige Woche hatte der 70-jährige Mehdorn auf Druck des Großaktionärs aber seinen Hut genommen.

Künftig will sich Air Berlin auf seine Kernmärkte Deutschland, Österreich und die Schweiz konzentrieren. Die Drehkreuze Berlin und Düsseldorf sollten ausgebaut und die Zahl der Mallorca-Flüge erhöht werden.

Airline-Analyst Jürgen Pieper von Metzler Equities gibt dem neuesten Sparbeschluss schlechte Noten. „Es ist das x-te Programm, das Air Berlin auflegt.“ Das Management drehe immer weiter an denselben Schrauben. Der Beweis, dass die Maßnahmen auch wirkten und eine nachhaltige Trendwende geschafft werde, stehe noch aus. Ein weiteres Problem sei die immer wieder verschobene Eröffnung des neuen Berliner Flughafens. „Berlin ist für die Airline zentral – solange der neue Flughafen nicht in Gang kommt, bleibt es sehr schwierig“, sagte er.