LeserInnenbriefe
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Innovationen verhindert

betr.: „Razzia bei VW“, taz vom 9. 10. 15

Während das Verkehrsministerium nicht mal eigene Untersuchungen einleiten wollte, um in den durch die USA aufgedeckten Abgas-Skandal mehr Licht zu bringen, hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig die Angelegenheit als dringlich erachtet und entsprechende Durchsuchungen von Firmen- und Privatgebäuden in Wolfsburg durchgeführt. Vielleicht wird auch langsam Verkehrsminister Dobrindt klar, dass es nicht nur eine Angelegenheit von manipulierten Abgastests ist , sondern dass es mit der „deutschen Ingenieurskunst“ vielleicht nicht ganz so gut bestellt sein kann. Anstatt die Dieselmotoren technisch weiter zu vervollkommnen, sodass sie den geforderten Abgaswerten entsprechen, hat man bei VW lieber auf die Abschalteinrichtungen bei den Tests gesetzt, um konkurrenzfähig zu bleiben. Mit der allzu großen Nachsichtigkeit gegenüber der Automobilindustrie, indem sie beispielsweise immer wieder schärfere Abgaswerte verhinderte, hat die Politik den Autobauern sicher keinen Gefallen getan, vielmehr hat sie damit eher Innovationen verhindert; während die Konkurrenz mit Hybrid- und Elektroautos punkten kann. Aus dem Skandal sollte die Politik lernen, dass in Zukunft die Abgasprüfung durch eine unabhängige Behörde stattfinden muss, und zwar, wie schon lange gefordert, im normalen Straßenverkehr. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Was die Politik verändern muss

betr.: „Gegen den linken Größenwahn“, taz vom 9. 10. 15

Es ist kein „linker Größenwahn“, davon auszugehen, dass eines der reichsten Länder der Welt und das bevölkerungsreichste Land der Europäischen Union mindestens für ein paar Jahre alljährlich eine Million Menschen aufnehmen könnte. Es wäre jedoch naiv, anzunehmen, dass dies auf die Dauer möglich wäre ohne gravierende Veränderungen in der Sozial-, Beschäftigungs-, Fiskalpolitik und so weiter. Und: Unsere Kanzlerin macht sicher zurzeit auch gegen heftige Widerstände vieles richtig, aber sie irrt, wenn sie glaubt, Deutschland würde sich durch die jetzt begonnene Zuwanderung nicht verändern.

Was die „Politik“ verändern muss? Na, zum Beispiel Integration und Bildung auch unter diesen Bedingungen auskömmlich finanzieren. Dazu sind natürlich viele neue Stellen zu schaffen. Dabei ist das größte Problem aber nicht das dafür erforderliche Geld, sondern die Frage, wo und wer die Leute sind, die man dafür braucht. Dazu und für die Ausstattung des dafür erforderlichen „Solidarsystems“ müssen die Weichen natürlich neu gestellt werden, und das wird allen denen nicht schmecken, die in den letzten dreißig Jahren eifrig die Abschaffung des Sozialen an der „Sozialen Marktwirtschaft“ bewerkstelligt haben.

Oder anders: Natürlich dürfen wir nicht zulassen, dass diejenigen, die durch die Agendapolitik des merkelschen Amtsvorgängers geschädigt wurden, auch nur das Gefühl bekommen, dass sie noch mal wieder bluten müssen. Das wäre in der Tat eine Steilvorlage für AfD, NPD und Konsorten. Wie das gehen soll? Vielleicht helfen ja schon die Steuersätze ein bisschen, die zuletzt unter Kanzler Kohl noch galten.

HEINZ-HERMANN INGWERSEN, Neumünster

Berlinisch Moralistan

betr.: „Die Moral der anderen“, taz vom 9. 10. 15

Griaß eich do oben in berlinisch Moralistan! Mei, hamm mia uns in baorisch Katholistan da gfreit, dass Es da obn endlich de Frauke und ihr Brezn dawischt hoabt’s. Do haben mia oba gschaut, woas Es da ois aussagfundn hobts: de Frauke is jetzad nimmer vaheirat und hoad an Neua (ned den Torwart!). Und troffn hobn se se a scho vorher! Woas da ois passiert sei ko, do wurschtlt si glei a richtige Stoßweilln durchs Hirn! De Frauke und da Marcus, wia woache Butta auf der Brezn in oam Hotel. A Wahnsinn; wer hätt denn denkt, dass de einfach ihrn Pfarrer weidahaut und si an Neua hoit! Des is ja no nia passiert in Deitschland; bei uns in boarisch Katholistan, da hoad der Hoasti einfach so … ihr wisst´s scho! Aber er is bei seiner Oidn (also jetzad ned des Oita) bliebn, weil er eben konsequent katholisch is und in der CSU (Familienbuidl und so). Ja mei, und de oarmen Kinda von dene, von dene red hoit moi wieda koana, aussa Eich vo da taz. Deshalb hauts Es der Frauke und ihrer Brezn oane drauf, weil’s so valogn san. Hobn de doch in einan Parteibichi valangt, woas seiba ned eihoitn: oamoi a vaheirate Gebährmaschin, imma a oane. Dabei schreibt’s ja soiber, dass des Familienbuidl vo da AfD des is, dass ma mit Trauschauscheinlizenz so vui wia möglich Kinda für Deitschland mocht: schnaggsln wia de Gloria fürs Vaterland. Jetzad haben aber de Brezen und de Frauke eh scho achte, oiso Pflicht und Parteibichi voi eighoitn. Des woas mia goar ned vastandn hobn, was da laare Geidbeidl vo der Brezen mit dem ois zum doa hod? Ah so! Kontostand! Des is ja a privat, wia Es klar schreibts. Geid is privat und des Butterbrezn ­Gschpu­si ned, wei sooo valogn. Mia soin also schnalln, dass de Politik vo da AfD scheiße is, wei de Frauke und ihr Brezal privat ned des machan, was im Parteibichi drinnan steht. Cool, supa Idee: oafach privat ogrätschn, wei de zwoa gegen a Zukunft mit de eigenen Kinda san. Is scho klar, dass se de, wia alle Gschiedenen, nimma um einane Kinda kümmern. Des wissen mia in Kathiolistan genauso wia Es, wei mia de rechte Moral haben! De andern zwoa vo der AfD san ja so gewissenlos, da braucht ma goa ned weita nachdengga, wia ma dem brutaln Populismus von dene zwoa entegegtretn ko und muass.

HEINRICH-G. SALOMON, Laufen