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"Lebensqualität verbessern"

Tod Diskussion zur Sterbehilfe mit Wissenschaft, Politik und professionell Betroffenen

Corinna Woisin

Foto: privat

49, Pflegewissenschaftlerin, leitet das Malteser Hospizzentrum Bruder Gerhard und wird an der Diskussion teilnehmen.

taz: Frau Woisin, leisten Hospize wie Ihres Sterbehilfe?

Corinna Woisin: So würde ich es nicht formulieren. Aber wir begleiten Menschen und helfen ihnen beim Sterben.

Auf welche Art?

Wir begleiten die Menschen sowohl psychisch als auch sozial. Außerdem werden sie medizinisch-pflegerisch so versorgt, wie es möglich ist.

Wie unterscheiden sich Palliativmedizin und Hospiz?

Palliativmedizin meint den konventionellen Weg: die optimale medizinische und pflegerische Begleitung eines „austherapierten“ Patienten. Die Hospizbewegung dagegen ist eine gesellschaftliche Haltung, die in den 1970er-Jahren aus Großbritannien nach Deutschland kam. Sie zielt auf menschlichen Beistand für Sterbende und eine Enttabuisierung. Stationäre Hospize bieten sowohl palliativmedizinische Versorgung als auch menschlichen Beistand.

Ihr Hospiz arbeitet ambulant.

Ja. Wir haben 140 Ehrenamtliche, die geschult sind und die Menschen einmal wöchentlich für vier Stunden zuhause besuchen. Diese Begleitung geht oft über Monate und soll auch den Angehörigen helfen.

Kommt es vor, dass ein Hospiz jemanden vom Suizid-Wunsch abbringt? Das Hospiz als Gegenentwurf zum assistierten Suizid?

In der Tat sagen viele, die den assistierten Suizid wünschen: „So will ich nicht mehr leben!“ An dieses „so“ knüpfen Hospizbewegung und Palliativmedizin an und versuchen, die Lebensqualität zu verbessern und vor allem den Schmerz zu lindern. Zudem fühlen sich viele einsam. Bei beiden Problemen können wir helfen, und das alles zusammen ermöglicht dem Menschen eine Alternative zum aktiven Tod, den sie vielleicht sonst gesucht hätten.

Haben Sie selbst je Sterbehilfe geleistet?

Ich bin schon oft gebeten worden, entsprechende Medikamente zu besorgen. Ich tue das nicht, biete aber immer das Gespräch an und überlege mit dem Menschen gemeinsam, welche Rahmenbedingungen wir verbessern können. Das ist meine professionelle Haltung, und dahinter stehe ich hundertprozentig. Persönlich will ich aber nicht ausschließen, dass ich als Todkranke ähnliche Wünsche äußern und andere Entscheidungen treffen könnte.

Interview: PS

Podiumsdiskussion „Wer kann helfen, wenn nichts mehr hilft?“ zur aktuellen Sterbehilfe-Debatte: 18.30 Uhr, Katholische Akademie, Herrengraben 4.; Anmeldung erbeten unter: www.kahh.de