Erfolgsmodell unter Druck

fußball Das Frauenteam des VfL Wolfsburg ist schwach in die Saison gestartet. Auch die VW-Krise drückt die Stimmung. Bisher ist unklar, ob der Konzern auch bei der Mannschaft Geld sparen will

Den wichtigsten Fußballteams des VfL Wolfsburg ist ihre Leichtigkeit abhandengekommen: Die Männer, immerhin deutscher Vizemeister, suchen nach der richtigen Form. Und auch das Frauenteam des vom Volkswagen-Konzern so großzügig unterstützten Vereins lernt gerade, wie man mit Rückschlägen umgeht.

Darüber reden möchte keiner, aber seit der Abgasaffäre von VW ist auch die Stimmung auf den gepflegten Sportplätzen am Ufer des Mittellandkanals gedrückt. Schließlich weiß bisher niemand genau, was der Skandal für die vom Auto-Konzern bezahlten Mannschaften bedeutet.

Es gab diese Phase, in der die Frauen des VfL Wolfsburg gefühlt im Wochentakt eine talentierte Spielerin nach Niedersachsen geholt haben. Das Team von Cheftrainer Ralf Kellermann ist zum Treffpunkt für deutsche Nationalspielerinnen und Hochbegabte aus aller Welt geworden.

Doch das Sammeln von Titeln in Serie – im Pokal, in der Bundesliga und sogar in der Champions League – will nicht mehr so recht gelingen. In der Bundesliga gewann die Mannschaft drei von fünf Spielen, zuletzt gestern gegen den 1. FFC Frankfurt (2:0). In der Liga steht das erfolgsverwöhnte Team auf Platz drei.

„Jetzt müssen wir uns dem Druck stellen“, sagt Kellermann. Das Schwierige an großen Erfolgen bleibt bekanntlich die Tücke, dass sie bestätigt werden wollen. In der Bundesliga droht seine Mannschaft den Anschluss an die Spitzenteams aus München und Frankfurt zu verlieren. In der Champions League ist das jüngste 0:0 im Hinspiel beim serbischen Meister Spartak Subotica wie eine Niederlage empfunden worden.

Kellermanns Mannschaft darf sich zur europäischen Elite zählen, hat die Champions League bereits zweimal gewonnen und wird deshalb von der Konkurrenz nicht immer freundlich empfangen. Die Partie in Subotica war ein glänzendes Beispiel dafür. Der Außenseiter aus Serbien rannte und grätschte, um zumindest kein Gegentor zu bekommen. Der Favorit aus Wolfsburg konnte es nicht fassen, wie schwer es sein kann, gegen destruktive Rivalen zum Erfolg zu kommen. Vor allem die finanziell minderbemittelte Konkurrenz findet großen Spaß daran, den VfL Wolfsburg ein klein wenig zu ärgern.

Es wäre verständlich, wenn der Blick für das Wesentliche derzeit fehlt. Seitdem bekannt ist, dass VW unter Druck steht und Kosten einsparen will, sind auch all jene Teams in den Fokus gerückt, deren Sponsoring zur Debatte stehen könnte.

Die Rahmenbedingungen der Wolfsburg Frauen sind bisher traumhaft. Sie bestreiten ihre Heimspiele in einem neuen Stadion. Viele VfL-Spielerinnen können sich dank des großen VW-Netzwerkes voll und ganz auf den Fußball konzentrieren. Aber was eben noch so komfortabel klang, kommt auf den Prüfstand und ist wegen der Dieselmotor-Affäre auch mit Hohn und Spott verbunden. In Zeiten wie diesen unbeschwert Fußball zu spielen, dürfte für die Frauen des VfL Wolfsburg die größte Herausforderung seit Jahren sein. Christian Otto