heute in Bremen
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"Viele Kritiken teile ich"

FREIHANDEL Der EU-Politiker Joachim Schuster beantwortet zehn Fragen zu TTIP und CETA

Joachim Schuster

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52, ist seit 2014 Bremer SPD-Abgeordneter des Europaparlaments. Von 1996 bis 2006 war er Bürgerschaftsabgeordneter und von 2006 bis 2012 Staatsrat in Bremen.

taz: Herr Schuster, die transatlantischen Freihandelsabkommen werden größtenteils geheim verhandelt. Können Sie da überhaupt Antworten geben?

Joachim Schuster: Die Antworten können momentan oft nur vorläufig und unvollständig sein. Schließlich ist noch nicht einmal klar, was verhandelt wird und welche Themenfelder berücksichtigt werden. Mir geht es vor allem darum, die Bedenken der Bürger ernst zu nehmen. Viele Kritikpunkte teile ich da auch.

Wovor haben die Bürger am meisten Angst?

Nach meinen Erfahrungen aus vielen öffentlichen Diskussionen geht es zum einen um die Geheimniskrämerei. Die ist von amerikanischer Seite nicht immer nachvollziehbar. Zudem sorgen sich viele Menschen um unsere europäischen Standards, etwa in den Bereichen Umwelt und Lebensmittel. Sie dürfen keinesfalls abgesenkt werden. Und sicherlich werden auch die umstrittenen Schiedsgerichte zum Investitionsschutz ein Thema sein.

Das Europäische Parlament fordert öffentliche Gerichte statt private Schlichter. Was ändert das?

Wir haben im Juli eine Resolution verabschiedet, die den Einsatz von unabhängigen, rechtsstaatlichen Gerichten vorsieht. Sie sollen bei möglicher Diskriminierung ausländischer Investoren einschreiten – aber nicht, wenn die Unternehmen Gewinnausfälle befürchten. Zudem sollen öffentliche Dienstleistungen unberührt bleiben. Die hohe Qualität der Daseinsvorsorge muss gewahrt werden.

Aber braucht es überhaupt Schiedsgerichte, damit Firmen auf der jeweils anderen Seite des Atlantiks investieren?

Das ist ein Thema, über das man mit den USA lange diskutieren kann. Wenn man in Rechtsstaaten weltwirtschaftliche Standards setzen will, dann brauchen wir eine ordentliche Gerichtsbarkeit. Und das bieten die öffentlichen Gerichte. Außerdem: Deutschland hat 132 Abkommen geschlossen – überwiegend mit Dritte-Welt-Staaten. Dort sind sogar klassische private Schiedsgerichte installiert.

Interview: Laurin Meyer

Vortrag „10 Fragen zu TTIP und CETA“: 19 Uhr, Altes Fundament, Auf der Kuhlen 1A