Syrien kritisiert UN-Resolution

Die Regierung in Damaskus muss nun ihre Bereitschaft zur Kooperation mit dem Mehlis-Ermittlungsteam unter Beweis stellen. Kein Sondergipfel der Arabischen Liga

KAIRO taz ■ Eine kleine Atempause hat die neue UN-Resolution 1636 dem syrischen Regime verschafft. Die syrische Regierung hat nun bis zum 15. Dezember Zeit, ihre Kooperationsbereitschaft mit den UN-Ermittlern im Mordfall des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri unter Beweis zu stellen. In einem UN-Bericht waren zuvor syrische Regierungsvertreter der Mittäterschaft bezichtigt worden.

In der einstimmig angenommenen Resolution wurde die Androhung von Sanktionen fallengelassen. Stattdessen ist von „weiteren Maßnahmen“ die Rede, wenn Syrien nicht mit dem im UN-Auftrag ermittelnden Berliner Staatsanwalt Detlev Mehlis kooperiert.

Der hat keine Zeit verloren und ist wieder nach Beirut zurückgekehrt. Jetzt wird es darum gehen, die Zusammenarbeit mit Damaskus zu klären. Der sensibelste Punkt wird hierbei sein, ob die Regierung es zulässt, dass syrische Bürger außerhalb des Landes von den UN-Ermittlern ohne Anwesenheit eines Regimevertreters verhört werden können. Syrien hat bisher zwar signalisiert, einer Ausreise von Zeugen zuzustimmen, aber nur wenn die Beweislage ausreichend ist und wenn ein juristischer Vertreter der Regierung bei dem Gespräch zugegen ist.

Die bisherige Beweislage wurde nach der Abstimmung in New York von dem dort anwesenden syrischen Außenminister als nicht ausreichend beschrieben. „Die Resolution klagt uns an und übernimmt die Annahmen, zu denen Mehlis nach unserer Einschätzung voreilig und ohne ausreichend objektive Vorgehensweise gekommen ist“, sagte Faruk Scharaa. Außerdem betonte er, dass Damaskus bisher mit den Ermittlern ohne Einschränkungen kooperiert habe. Inzwischen hat die syrische Regierung um einen Sondergipfel der Arabischen Liga gebeten. Arabische Diplomaten schlugen nach Verlautbarungen aus Kairo jedoch nur ein Treffen in kleinerem Kreise vor. In Beirut erklärte der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora, dass er hoffe, „dass die syrischen Brüder ihren Worten nun Taten folgen lassen“.

Tatsächlich glauben viele in Damaskus, dass Washington nicht wie im Irak auf einen Sturz des syrischen Regimes, sondern auf dessen Verhaltensänderung setzt. In Dissidentenkreisen wurde bereits in den letzten Tagen diskutiert, ob der syrische Präsident Baschar Assad, der im Mehlis-Bericht bisher nicht persönlich der Mittäterschaft bezichtigt worden war, nicht die Gelegenheit nutzen könnte, sich einiger unbeliebter Machtzentren im inneren Kreise des Regimes, vor allem im Sicherheitsapparat, zu entledigen. „Es ist Zeit für Assad, eine Korrekturbewegung einzuleiten, in der er sich einiger undisziplinierter Barone seines Regimes entledigt“, kommentiert auch der in Beirut erscheinende Daily Star. Die Frage bleibt, ob Assad – wenn er tatsächlich willens wäre – mächtig genug ist, ausgerechnet gegen jene vorzugehen, deren Job es ist, seine Macht abzusichern.

KARIM EL-GAWHARY

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