Pflanzen essen
von Ariane Sommer
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Wie ich nur mit Fleisch­essern befreundet sein könnte, fragte mich neulich ein aggressiv-militanter Veganer. Als ich ihm antwortete, dass Fleischesser nicht nur zu meinen besten Freunden zählen, sondern ich sogar mit einem verheiratet bin, blieb ihm fast das Seitan im Hals stecken.

Zwar ist mein Mann, mit dem ich diesen September elf Jahre zusammen bin, kein Fleisch-Vielfraß. Genau genommen ist er ein Flexitarier, der gelegentlich Hähnchen oder Fisch isst, meine veganen Gerichte liebt und inzwischen sogar selbst ausgezeichnet pflanzlich kocht. Seine Chili sin Carne beispielsweise sind die besten, die ich je gegessen habe.

Als wir uns kennengelernt haben, aßen mein Mann und ich beide Fleisch. Ich sogar wesentlich mehr als er. Die Leberwurst auf dem Frühstücksbrot konnte ich nicht dick genug streichen und das Steak am Abend konnte gar nicht blutig genug sein. Meine Wandlung vom Kuhherden verschlingenden und Pelz tragenden Lebensstil bis hin zu einem pflanzlichen hat Jahre gedauert. In dieser Zeit der Veränderung hat mich mein Mann liebevoll unterstützt und auch viel Neues mit mir ausprobiert. Inzwischen versucht er, meiner AVAP(As Vegan As Possible)-Philosophie so weit wie möglich zu folgen. Ich mache gerne bei Honig eine Ausnahme. Er bei drei bis vier Mal Hähnchen oder Fisch pro Monat. Ein Ultimatum stellen werde ich ihm deshalb sicher nicht. Wie käme ich auch dazu. Jeder ist auf seiner ­eigenen Reise.

Ich selbst hätte wahrscheinlich weder meine Ernährung noch die Art, wie ich mich kleide, umgestellt, wären da nicht diese toleranten und geduldigen Vegetarier und Veganer in meinem Freundeskreis gewesen. Sie haben mir auf eine positive Art pflanzliche Alternativen vorgelebt und erklärt. Für etwas zu sein bringt in den meisten Fällen wesentlich mehr, als den Dingen feindlich gegenüberzustehen.

Ariane Sommerschreibt hier alle zwei Wochen über veganes Leben Foto: Manfred Baumann