Der scharfzüngige Minister in spe

Auch wenn er sich auf fremdem Terrain offenbar nicht immer gleich zurechtfindet – der Mann ist immer für einen guten Spruch gut. Als sich Michael Glos, 60, vor zwei Wochen beim Treffen der künftigen Koalitionäre im Hauptquartier der Sozialdemokraten eine blutige Nase holte, weil er eine Glastür nicht als solche erkannt hatte, fragte ihn, so erzählte es der Spiegel, am nächsten Tag ein Parteifreund, ob denn das „der Edi“ gewesen sei? „Wenn das der Edi gewesen wäre, dann läge er jetzt auf der Intensivstation“, sagte da Michael Glos, ganz der verbale Preisboxer der Christsozialen, als den man ihn seit Jahr und Tag kennt.

Herr Glos, wird Edmund Stoiber abermals als Kanzlerkandidat der Union antreten?, fragten ihn Journalisten 2003. „Never say never again“, sagte Glos, und auf die Bitte, zu erklären, was er genau gemeint habe, antwortete er: „Wenn ich es ganz genau gemeint hätte, hätte ich es auch ganz genau gesagt.“ An Auskünfte dieser Qualität werden sich die Kollegen in der Bundespressekonferenz wohl gewöhnen müssen, wenn der kommende Bundeswirtschaftsminister mal wieder keine Lust hat, sich einzulassen.

Michael Glos, geborener Unterfranke, gelernter Müllermeister, römisch-katholisch, verheiratet, zwei erwachsene Söhne, ist ein völlig anders gelagerter Typus als sein Parteichef Edmund Stoiber. Ein „Äh“ würde ihm niemals über die Lippen kommen, das Zaudern und Schachern, Stoibers Eiertanz um das Amt in Berlin wären ihm völlig fremd. Bei ihm, viel mehr als bei den meisten anderen Protagonisten des Berliner Betriebes, ist die Lust an der politischen Auseinandersetzung ausgeprägt. Da wird auch gerne mal etwas grober hingelangt. PDS und Grüne, befand Glos einmal, seien größere Gefahren für das Land als „Republikaner“ und Rechtsextremisten. Der berüchtigten Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, mit der Roland Koch (CDU) 1999 die Landtagswahlen in Hessen gewann, bereitete Michael Glos den Boden. Als die Europäische Union im Jahr 2000 Österreich isolierte, weil die rechtspopulistische FPÖ an die Regierung gekommen war, war es Michael Glos, der als erster EU-Politiker Austria besuchte. Dafür bekam er dann das „Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern“.

Angela Merkel, heißt es, hätte lieber Glos als Horst Seehofer (CSU) in ihrem Kabinett gehabt – nun bekommt sie, völlig unerwartet, beide. Als Oppositionspolitiker machte Michael Glos stets die Regierung für die schlechte Konjunktur verantwortlich, die Hinweise auf weltweite Krisen tat er spitzzüngig ab. Ob der Minister Glos wohl ebenso markige Worte findet, wenn die Wirtschaft unter seiner Regie nicht so brummt, wie sie sollte? STEFAN KUZMANY