Eine Menge Weihrauch

PARLAMENT Rot-Schwarz feiert sich für Haushalt, Opposition findet das Eigenlob unberechtigt

Die rot-schwarze Koalition hat sich im Abgeordnetenhaus ausgiebig dafür gelobt, dass Berlin vergangenes Jahr ohne neue Kredite auskam – und abgesehen von 2008 – erstmals seit Jahrzehnten Geld zurückzahlen konnte. Der Schuldenstand verringerte sich durch die Tilgung von rund 315 Millionen auf 62,6 Milliarden Euro. Die Grünen hingegen sehen das Verdienst vorrangig nicht bei der Koalition. „Das war jetzt eine Menge Weihrauch, da müssen Sie aufpassen, dass Sie nicht selbst zu sehr benebelt werden – ich war mal Messdiener, ich weiß, wovon ich rede“, warnte Grünen-Haushaltsexperte Jochen Esser.

Für ihn hat Berlin schlicht davon profitiert, dass die Menschen bundesweit mehr Steuern zahlten und dadurch auch der Berliner Anteil am Steueraufkommen wuchs. Er nannte es auch finanzpolitisch „die größte Fehlentscheidung“, dass SPD- und CDU-Abgeordnete den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) trotz des Flughafendebakels im Amt ließen. Wie könne der noch ernsthaft bei Verhandlungen mit anderen Ministerpräsidenten über den Länderfinanzausgleich mehr Geld für Berlin fordern, fragte Esser.

Die SPD-Fraktion nutzte die Debatte, um nach Tagen des Drucks durch den Flughafen die Opposition heftig zu attackieren. Der Linken hielt SPD-Haushaltspolitiker Torsten Schneider vor, sie würde in der Stadt nicht mehr gebraucht, weil andere ihre Themen übernommen hätten. „Sie sind Staffage“, sagte Schneider, „und das ärgert Sie natürlich.“ Die Grünen wiederum sah er „zerrissen zwischen Yuppies und linksverklärten Spießern“, ohne das näher zu erläutern.

Die Linken-Abgeordnete Manuela Schmidt erklärte das rot-schwarze Eigenlob zum Haushaltsüberschuss so: „Wenn schon der Rest nicht funktioniert, dann freut man sich eben über eine schwarze Null.“ STEFAN ALBERTI