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PorträtDer Stehaufmann

Unglaublich. Weltklasse. Martin Kind, der sonst eher zu sperrigem und sachlichem Vokabular greift, bediente sich nach Herzenslust bei den Superlativen des Fußballs. Als der Präsident von Hannover 96 zu seinen Lobeshymnen für Hiroshi Kiyotake ansetzte, schlich der kleine Spielmacher selbst gerade kleinlaut vorbei. Es hat sich so eingebürgert, dass von dem Japaner im Team der Niedersachsen selten etwas zu hören ist. Der Mann rennt, trickst – und schweigt.

Sein sehenswertes Tor bescherte Hannover ein 1:1 (0:1) beim VfL Wolfsburg und hätte durchaus ein paar Sätze in eigener Sache verdient gehabt. Aber Kiyotake kann das nicht. Eigenlob und große Reden – diesen Part überlässt der 25-Jährige gerne anderen.

Langsam finden die Fans Gefallen an ihm. Erst war Kiyotake bloß dieser Mann, für den 4,5 Millionen Euro an den 1. FC Nürnberg überwiesen werden mussten. Mittlerweile wird er als Stehaufmännchen bestaunt. Nach der 1:3-Niederlage gegen den VfB Stuttgart war er humpelnd abgetreten. Nur drei Tage später trumpfte er im Niedersachsen-Duell mit den Wolfsburgern auf, als habe es die schwere Prellung nie gegeben. „Das ist schon beachtlich, wie er sich durchgebissen hat“, befand 96-Trainer Michael Frontzeck. Auch seinem Trainer hat Kiyotake damit etwas Ruhe verschafft. Frontzeck bleibt ein umstrittener Übungsleiter, solange seine Mannschaft in der Bundesliga noch sieglos am Tabellenende steht.

Dass Kiyotake nach anfänglichen Schwierigkeiten und einem Mittelfußbruch immer besser in Schwung kommt, liegt auch an der Lernkurve von Hannover 96. Das Beispiel des japanischen Verteidigers Hiroki Sakai hat gezeigt, wie man mit einer Verstärkung aus Fernost besser nicht umgeht. Kaum jemand hatte mit ihm gesprochen. Ein Dolmetscher wurde erst mit gehöriger Verspätung zu Hilfe gerufen. Sakai hatte sich über mehrere Wochen wie ein Fremdkörper im Verein gefühlt. Im Fall seines Landsmannes Kiyotake stellten sich die Verantwortlichen schlauer an. Und dank seiner Erfahrung beim 1. FC Nürnberg ist ihm der Einstieg deutlich leichter gefallen.

Seitdem aus dem Patienten Kiyotake wieder der Stammspieler Kiyotake geworden ist, keimt in Hannover Hoffnung auf. In Wolfsburg war sie sogar sichtbar. Da kam diese Hereingabe von Manuel Schmiedebach geflogen. Kiyotake nahm sie elegant mit der Brust an, um dann gleich einen gekonnten Volleyschuss folgen zu lassen. Szenen wie diese sind der Beleg dafür, dass sich Hannover 96 einen Instinktfußballer geleistet hat. Eine Sternstunde, die Hannover und Frontzeck retten könnten. Christian Otto

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