Europa

In Osteuropa will man sich auf keine Flüchtlingsquoten einlassen. Deutschland und Österreich fordern deshalb einen EU-Sondergipfel

Zank und leere Drohungen

EU II Der Streit zwischen den Mitgliedsstaaten geht weiter – auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière mischt kräftig mit

BRÜSSEL taz | Nach dem erfolglosen Treffen der EU-Innenminister zur Flüchtlingskrise am Montag liegen die Nerven in Europa blank. Bundesinnenminister Thomas de Maizière drohte am Dienstag den osteuropäischen Staaten, die eine Einigung blockiert hatten, mit dem Entzug von EU-Subventionen. De Maizière wurde zwar schnell von Kanzlerin Angela Merkel zurückgepfiffen. Doch da war es schon zu spät: Aus Brüssel, Prag und Bratislava kamen empörte Reaktionen.

Etwas verdruckst äußerte sich die EU-Kommission: Es gebe „keine Rechtsgrundlage, um Mittel zu kürzen, wenn ein Mitgliedstaat sich dem verbindlichen Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge verweigert“, teilte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde mit. De Maizière liege falsch, wenn er sich mit seiner Strafdrohung auf Kommissions­chef Jean-Claude Juncker beruhe: Der habe so etwas nie gesagt.

Wesentlich deutlicher wurde die Regierung in Prag. De Maizière habe eine leere Drohung ausgestoßen, für die es keine Rechtsgrundlage gebe. Von einem einmaligen Vorgang sprach der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. Nie zuvor in der Geschichte der EU sei ein Land für eine abweichende Meinung bestraft worden. Sein Land werde verpflichtende Quoten zur Aufnahme von Flüchtlingen – wie sie Berlin fordert – niemals akzeptieren.

Neben der Slowakei und Tschechien hatten sich am Montag auch Polen und Ungarn gegen eine Pflicht zur Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen. Die Innenminister konnten sich zwar auf die Zahl von 160.000 Menschen einigen, die umverteilt werden sollen, um Griechenland, Italien und Ungarn zu entlasten. Doch selbst dieser Beschluss kam nur mit Mehrheit zustande – einige Staaten waren dagegen.

Die Innenminister wollen sich nun am 8. Oktober erneut treffen, um eine Lösung zu suchen. Vorher soll es noch einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs geben (siehe oben). Zu den neuen Antiflüchtlingsgesetzen in Ungarn wollte sich die EU-Kommission bisher nicht äußern. „Wir beobachten die Lage sehr genau.“ Mehr war der Brüsseler Behörde nicht zu entlocken. Eric Bonse