Berlinmusik

Entspannte Fieberkurve

Brom ist einer dieser Stoffe, die in der Natur nicht in Reinform vorkommen, sondern stets in Verbindung mit anderen. Im Meer findet sich dieses Element etwa in Algen. Auch im Meerwasser selbst gibt es eine Menge davon, gut vermischt. Man könnte es ein kooperatives Element nennen.

Für das Duo Denzel + Huhn daher kein schlecht gewählter Albumtitel. „Brom“, das zweite Album des Berliner Duos, hat dabei nichts von Zischen und ähnlichen aufmerksamkeitsheischenden Nebeneffekten, wie man sie reflexartig mit chemischen Experimenten assoziieren würde. Die Klänge, die hier miteinander reagieren, gehen ihre Kombinationen auf ruhige, gelassene, fast zärtliche Weise ein.

Was nicht heißen soll, dass die Musik von Denzel + Huhn in irgendeiner Weise kitschverdächtig wäre. Ihre Klänge sind vielmehr diskret, manchmal leicht spröde, doch Gewalt tun ihre Schöpfer ihnen keine an. Sie sammeln eifrig in der Natur und anderswo die Geräusche und Töne ein, die ihnen zusagen, um aus diesen Funden dann in Gestalt von Samples ihre Stücke zu fertigen.

Die gemächliche Gangart bedeutet keinesfalls, dass sie zur Weitschweifigkeit neigen würden. Wenn sich etwas in drei, vier Minuten sagen lässt, dann genügt ihnen das völlig, ohne dass der Eindruck von Eile entstehen würde. Für ein wenig Rhythmus sorgen sanft schiebende Bässe und sehr vornehm angedeutete Perkussion, die eher tropfend als geschlagen klingt.

Apropos tropfen: Bei Peter Prautzsch’ „Fever Drawings“ weiß man zwar nicht, ob sie im Zustand großer Erhitzung entstanden sind oder einfach bloß so heißen, doch haben diese Stücke in ihrem zurückgelehnten Flirren durchaus etwas von fiebriger Entrücktheit. Anders als Denzel + Huhn setzt der Berliner Produzent und Grafikdesigner nicht so sehr auf punktgenaue Entschlackung als auf verdichtetes Vor-sich-hin-Pulsieren.

Perkussion kommt bei Prautzsch kräftig zum Einsatz, doch überwiegend als strukturierte Fläche, in der sich Klangfarben und Patterns bewegen, ohne groß aufdringlich zu wirken. Ein bisschen erinnert das mitunter an die gute alte Minimal Music. Andere Nummern setzen auf geloopte Streicher, wie sie in der Ambient-Tradition seit einiger Zeit sehr beliebt sind, stark verlangsamt und leicht durch Watte. Wie bei Fieber eben. Tim Caspar Boehme

Denzel + Huhn: Brom (Oktaf)

Peter Prautzsch: Fever Dra­wings (Palacmusic)