Jobcenter gewinnt gegen Veganerin

PROZESS Hartz-IV-Empfängerin klagte für höheren Regelsatz, um sich vegan ernähren zu können

„Eine gesunde Ernährung auf Basis von Hartz IV ist unmöglich“

Luca Röder, Klägerin

Eine Veganerin hat das Jobcenter verklagt, weil der Hartz-IV-Regelsatz zu gering sei, um sich davon gesund ernähren zu können. Die Klägerin ist laktoseintolerant, eine Krankheit, die das Jobcenter seit Kurzem anerkennt und entsprechende Mehrkosten übernimmt. Darauf stützte die Hartz-IV-Empfängerin ihre Klage, die gestern vor dem Hamburger Sozialgericht verhandelt wurde.

Um sich ohne laktosehaltige Produkte ausgewogen ernähren zu können, müsse sie mehr Geld für Nahrung ausgeben, als die im Hartz-IV-Satz veranschlagten 141,64 Euro pro Monat, so die Klägerin. Das Sozialgericht sah das anders und wies die Klage zurück. Die Betroffene kündigte an, in Berufung zu gehen.

„Ich möchte einen Präzedenzfall schaffen“, sagte die Klägerin, die sich gegenüber der Presse Luca Röder nennt. Es gehe ihr auch darum, Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen. „Hartz-IV-EmpfängerInnen wird die Möglichkeit verwehrt, auch Bio- und Fairtrade-Produkte zu kaufen“, sagte sie. Der Zwang, Billig-Produkte beim Discounter einzukaufen, sei auch eine Ausgrenzung. Zudem sei es schlicht unmöglich, sich auf Basis des vom Jobcenter veranschlagten Satzes gesund zu ernähren.

Man könne der Klägerin zumuten, die Mehrkosten für laktosefreie Ernährung selbst aufzubringen, argumentierte die Vertreterin des Jobcenters, sie könne ja an anderer Stelle sparen. Alternativ schlug sie der Betroffenen vor, Tabletten einzunehmen: Laktasetabletten ersetzen im Körper das Enzym, das laktoseintoleranten Menschen fehlt. Die Klägerin entgegnete, das werde sie nicht tun, weil sie sich vegan ernähre und die Tabletten nicht vegan seien. Außerdem sei es unzumutbar, Menschen mit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit das Einnehmen von Tabletten nahezulegen, anstatt die Mehrkosten für eine entsprechende Ernährung zu erstatten.

Der Richter berief sich hingegen auf Urteile, in denen Betroffenen sogar Operationen zugemutet wurden, nur um ihre Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Es gehe allein um den „Erhalt der körperlichen Funktionsfähigkeit“, nur wenn die in Gefahr sei, der Körper also trotz vollwertiger Ernährung abbaue, trägt das Jobcenter die Mehrkosten. KSCH