Streit über Hamburger Hafenlogistik: Rückenwind für Container-Taxi
Eine Idee zur Ökologisierung des Hamburger Hafens dümpelt seit Jahren vor sich hin. Mit den Grünen im Senat steigen die Chancen für wasserbasierte Umfuhren.
Ulrich Malchow ist der Geduldsfaden gerissen. Die städtische Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) „torpediert“ seit Jahren die Ökologisierung des Warenumschlags im Hafen, glaubt der Professor für Nautik und Seeverkehr an der Hochschule Bremen. In einem Brief an Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) von Ende August, welcher der taz vorliegt, fordert er deshalb dessen Einsatz für das von ihm entwickelte Konzept einer „Port Feeder Barge“. Diese sei „ökologischer, effektiver und kostengünstiger“ als Containertransporte per LKW im Hafen, sagt der 52-Jährige.
Die Behörde verfolge durchaus das Ziel, Transporte von der Straße auch auf das Wasser zu verlegen, teilt ein Sprecher mit. Deshalb sollten sich nun „Anbieter von Port-Feeder-Barge-Lösungen mit den Akteuren der Hafenwirtschaft austauschen und Möglichkeiten zur Umsetzung prüfen“, so die Wirtschaftsbehörde. Eine entsprechende Antwort an Malchow werde zeitnah verschickt. Das ist ganz im Sinne des grünen Koalitionspartners: „Wir haben in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass wir die wasserbasierten Umfuhren im Hafen stärken wollen. Das ist in vielen Fällen ökologischer als der Transport über den Landweg und entlastet gleichzeitig die Infrastruktur“, sagt der grüne Fraktionschef Anjes Tjarks: „Hierfür kann die Port Feeder Barge ein Modell sein.“
Damit kommt neuer Schwung in eine Idee, mit der Malchow seit Jahren erfolglos hausieren geht. Denn in den rot-grünen Koalitionsvertrag vom April wurde auf Druck der Grünen ausdrücklich „die Förderung von Containerbargen“ aufgenommen. Der Senat werde auf die HHLA und die ebenfalls städtische Hamburg Port Authority (HPA) entsprechend einwirken, vereinbarten SPD und Grüne zur Freude Malchows.
Die Port Feeder Barge, die es bislang nur als Computersimulation gibt, ist eine Schute für 170 Container mit Flüssiggas-Antrieb. Mit einem Kran kann sie Container vom Terminal abholen, zu einem Binnen- oder Feederschiff bringen (siehe Kasten) und dieses selbständig beladen. „Die Barge ist wie ein schwimmendes zusätzliches Terminal“, sagt Malchow, das die großen Terminals entlaste.
Und die überfüllten Straßen im Hafen ebenfalls. Rund 350.000 Container werden pro Jahr im Hafen von LKWs hin- und hergefahren, sei es zu einem Lager, einem Leerdepot oder zum Umpacken an einem anderen Terminal. Das bedeutet bis zu 1.000 LKW-Fahrten am Tag, und fast alle gehen über die verstopfte und überlastete Köhlbrandbrücke. Obwohl Malchows Container-Taxi wie die Lösung aller hafeninternen Logistikprobleme klingt und das Konzept ausgerechnet in Rotterdam mit der „River Transport Innovation Trophy“ ausgezeichnet wurde, ist es noch immer nicht Realität.
Schuld daran ist die HHLA, meint Malchow. Die habe an „nachhaltiger Logistik kein Interesse“. Als Beleg dient ihm eine interne Dienstanweisung vom Mai 2013 an die HHLA-Terminals Altenwerder, Burchardkai und Tollerort. Darin wird verfügt, „dass eine Umfuhr von Containern nur noch per LKW durchgeführt wird“. Und weiter heißt es in dem Papier, das ebenfalls der taz vorliegt, dass Transporte per Binnenschiff „nur in absoluten Ausnahmefällen erfolgen“ dürften.
„Selbstverständlich befürworten wir weitere Hafenumfuhren per Binnenschiff“, beteuert hingegen HHLA-Betriebsdirektor Heinrich Goller. Für eine nachhaltige Lösung müssten aber zunächst die Bedarfe ermittelt werden. Eine entsprechende Prüfung durch die Wirtschaftsbehörde und die HPA läuft bereits, auch die Zuziehung des TÜV Nord wird erwogen. Ausdrücklich weist die HHLA darauf hin, „die Aufträge unserer Kunden entsprechend deren Wünschen“ auszuführen – und von denen komme gar keine Nachfrage nach einer Port Feeder Barge.
Der nach eigenen Angaben „größte Kunde des Hafens“, die teilstaatliche Frachtreederei Hapag-Lloyd, hingegen stellt klar, dass „die Entscheidung, ob eine Port Feeder Barge eingesetzt werden kann und soll, am Ende bei den Terminalbetreibern“ liege. „Das ist etwas, was Hapag-Lloyd nicht beeinflussen kann.“
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