heute in hamburg
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„Nicht unterschätzen“

Viren Infektionsforscher diskutieren darüber, wie Ebola und andere Erreger unsere Welt verändern

Matthias Wilmanns

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56, Biochemiker und Molekularbiologe, leitet das Hamburger Zentrum für Strukturelle Systembiologie (CSSB).

taz: Herr Wilmanns, wird die Ebola-Gefahr über- oder unterschätzt?

Matthias Wilmanns: Das ist schwer zu sagen. Wir leben heute in Zeiten, in denen Themen sehr plötzlich eine übergeordnete Rolle bekommen. Genauso schnell verschwinden sie dann wieder. Über Ebola wurde tagtäglich berichtet. Da werden Ängste geschürt, die vielleicht in ihrer Tendenz übertrieben sind. Trotzdem finde ich den Trend hin zur deutlichen Wahrnehmung gut. Es stimmt also beides.

Und wie groß ist die Gefahr tatsächlich?

Sie ist in keiner Weise zu unterschätzen! Auch wenn man weiß, wie Ebola übertragen wird. Da spielen Probleme mit, die sich nicht alleine durch die Forschung lösen lassen. Zum Beispiel das extrem enge Zusammenleben in afrikanischen Ländern. Auch ein großes Problem sind falsche Therapieformen. Zum Beispiel, dass keine Antibiotika eingenommen werden. Das führt zu veränderten Varianten der Viren. Und das macht sie zu sehr gefährlichen Verwandlungskünstlern.

Im Zusammenhang mit solchen Erregen wird immer wieder der Begriff Globalisierung genannt. Welche Rolle spielt sie tatsächlich?

Die Globalisierung spielt eine zentrale Rolle! Denken Sie an die heutige Mobilisierung der Gesellschaft. Heute reist man mit Fernflügen in die verschiedensten Länder. Die globale Ausbreitung von Epidemien wird dadurch beschleunigt. Das war vor 50 oder 100 Jahren anders.

Wie kann ich mich am besten vor solchen Viren schützen?

Prävention! Ein Grund, weshalb wir diese Veranstaltung anbieten. Informiert zu sein ist immer eine gute Sache. Und wer Symptome hat, sollte so früh wie möglich einen Arzt aufsuchen!

Was sagen Sie zu Menschen, die ein erhöhtes Virenrisiko durch die Flüchtlingsströme befürchten?

Dass man sich nicht daran beteiligen sollte, Ängste zu schüren. Syrien, woher viele Flüchtlinge kommen, galt vor wenigen Jahren noch als geheimer Reisetipp. Diese Menschen kommen aus hoch zivilisierten Gesellschaften. Die politischen Probleme sind uns allen bekannt. Die aktuelle Infektionsproblematik hat damit nichts zu tun.

Interview: Stefanie Diemand

Podiumsdiskussion „Erreger unter Superlupen –Aufbruch in unsichtbare Welten“ mit Infektionsforschern und Biologen: 19 Uhr, Lichthof im Altbau der Staats- und Universitätsbibliothek, Edmund-Siemers-Allee/Ecke Grindelallee