Hamburg will tote Bremer

LEICHEN-SCHAU

Es ist ein unscheinbarer Termin, aber einer, auf den Bremens Gesundheitsbehördenapparat lange hingearbeitet hat: Am Donnerstag wird der Text für eine Verwaltungsvereinbarung mit Hamburg festgeklopft. Das dortige Uniklinikum Eppendorf soll künftig Bremens Sozialleichen übernehmen, also für die Bestattung von Toten sorgen, für die sich niemand zuständig fühlt, und, falls es Angehörige gibt, das Inkasso; ein eher lästiger Job, der Neuland für Rechtsmediziner Klaus Püschel bedeuten dürfte, aber wohl keine fachliche Herausforderung.

Attraktiver wird der Auftrag dadurch, dass auch der zweite Teil des amtsärztlichen Leichenwesens, die so genannte Krematoriumsleichenschau, auf ihn übergeht: Vor der Verbrennung müssen Tote begutachtet werden. Und da in Bremen 80 Prozent der Toten kremiert und einige aus dem Umland auch in den dortigen zwei Anlagen eingeäschert werden, sind das fast 6.000 Tote im Jahr, und für jeden von ihnen verlangt Bremen die hohe, nein, die exorbitante Gebühr von 72 Euro.

So ist davon auszugehen, dass, auch wenn das bei einer Gebühr nicht sein dürfte, diese Arbeit Gewinn abwirft, und das in Höhe von mehreren Zehntausend im Monat. Noch attraktiver wird Bremen aber, weil man dort bis Mitte 2016 die flächendeckende qualifizierte Leichenschau einführen will. Sprich: Jeder Tote soll noch im Sterbebett oder am Fundort daraufhin begutachtet werden, ob er eines natürlichen Todes gestorben ist oder nicht. Bremen plant ich als Pionier zu bewähren – und neben dem Ruhm, der durch diesen Auftrag zu ernten ist, den die Gesundheitssenatorin nicht für ausschreibungspflichtig hält, wird er auch Nachfolgeaufträge auslösen.

Weshalb man in Hannover beunruhigt ist: Die Medizinische Hochschule dort hat ja auch eine Rechtsmedizin. Sie hat zudem in Oldenburg, also quasi neben Bremen, eine Dependance, und begleitet wissenschaftlich die Einführung der qualifizierten Leichenschau im – wegen seines „Todespflegers“ notorischen – Krankenhaus Delmenhorst. Egal. Bremens Gesundheitsbehörde hatte sich schon vor der Diskussion für Püschel entschieden, und zwar, so behauptet die Sprecherin, „aufgrund fachlicher Prüfung“. Deren Kriterien kann sie nicht nennen. bes