Festival-Finale Klassik ohne „Clash of Cultures“, ein Ende mit Aschenputtel: Die Musikfest-Mission
Mit Rossinis „Cenerentola“ endet am heutigen Samstag das Musikfest, das vor drei Wochen mit nicht weniger als 27 Konzerten rund um den Markt eröffnet wurde. Weitere 36 Konzerte später ist klar: Dieses Musikfest war eines der politischsten in der Geschichte des Festivals – und das durch Weglassung.
Es war eine hervorragende Entscheidung von Intendant Thomas Albert, nicht – wie geplant – die vom Partner-Festival in Aix-la-Provence produzierte Fassung von Mozarts „Entführung aus dem Serail“ zu übernehmen – sondern trotz vielfältiger Proteste und Kritik auf Mozart pur zu setzen. Ein klares Statement gegenüber dem angeblichen „Clash of Cultures“: Aix hatte das als überholt und naiv angesehene Libretto, das die Großmütigkeit eines arabischen Fürsten gegenüber christlichen Europäern zeigt, durch krasse Bilder von IS-Gräueltaten konterkariert. Auch Lessings „Nathan“ lässt sich bei einer solchen Lesart mit reichlich Blut begießen: Aufklärung war gestern, heute herrscht Islam-Angst.
Bremen hingegen disponierte sehr kurzfristig um, umso bemerkenswerter die herausragende Qualität des Ersatz-Ensembles um Robin Johannsen. Mozart hat das versöhnliche Ende, das er gegenüber dem ursprünglichen Libretto noch deutlich akzentuierte, übrigens keineswegs im Status naiver Orient-Begeisterung komponiert – sondern in einer Zeit, in der die letzte Belagerung Wiens durch die Türken noch präsent war.
In seiner Nachwuchs-Politik hat das Festival allerdings nach wie vor Entwicklungsbedarf: Zwar gab es eine inspirierte Jazz-Adaption des Saint-Saëns‘schen Kinderklassikers „Karneval der Tiere“ – angesichts des äußerst opulenten Konzertaufkommens ist ein einziges spezifisches Nachwuchs-Angebot aber eindeutig zu wenig. HENNING BLEYL
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