Aus weiter Ferne so nah

KULINARISCHE WELTREISE Auch jenseits der Grünen Woche ist Berlin mittlerweile ein Einkaufsparadies für alle, die besondere Lebensmittel aus allen Erdteilen suchen

International

■ Frischeparadies Lindenberg, Morsestr. 2, 10587 Berlin, Tel. (0 30) 39 08 15-23 und Hermann-Blankenstein-Straße 48, 10249 Berlin, Tel. (0 30) 39 08 15-0, Mo.–Fr. 8–20 Uhr, Sa. 8–18 Uhr, frischeparadies.de

■ Goldhahn und Sampson, Dunckerstraße 9, 10437 Berlin, Mo.–Sa. 8–20 Uhr, goldhahnundsampson.de Mediterran

■ Mitte Meer, Gotlandstr. 6–10 und Kolonnenstr. 30 B, 10829 Berlin und Kantstr. 42, 10625 Berlin, Mo.–Sa. 9–20 Uhr, mitte-meer.de

■ Centro Italia, Sophie-Charlotten-Str. 9–10, 14059 Berlin, und Großbeerenstr. 169–171, Marienfelde, 12277 Berlin und Greifswalder Str. 80c, 10405 Berlin, Mo.–Fr. 9–18.30 Uhr, Sa. 10–16 Uhr, centro-italia.de Asiatisch

■ Go Asia, Kantstraße 101, 10627 Berlin, Tel. (0 30) 31 51 86 06, und Hauptstr. 132, 10827 Berlin, Tel. 70 09 41 95, täglich 9–21 Uhr, goasia.net

■ Dong Xuan Center, Herzbergstr. 128, 10635 Berlin, täglich außer Di., 11–20 Uhr, mc-china.de

■ Vinh Loi, fünf Filialen in Berlin, u. a. Gutsmuthsstr. 23–24, 12163 Berlin, Mo.–Sa. 9–19 Uhr, vinh-loi.de Türkisch

■ Euro Gida, zehn Filialen in Berlin, eurogida.de Russisch

■ Intermarkt Stolitschniy, Landsberger Allee 116, 10369 Berlin, Mo.–Sa. 9–20 Uhr Lateinamerikanisch

■ Latinoamerika, Bundesallee 117, 12161 Berlin, Mo.–Fr. 10–19 Uhr, Sa. 10–15 Uhr, latinoamerika.de Afrikanisch

■ Bintas Afroshop, Yorckstr. 60, 10965 Berlin, Mo.–Sa. 10–22 Uhr, bintas.de (mp)

VON MICHAEL PÖPPL

Mit geschlossenen Augen könnte man sich auf einem Bauernmarkt in der chinesischen Provinz wähnen: Es duftet nach Basilikum und Koriander, nach Mango, Papaya und Litschis. Zwei junge Mädchen kichern und reden in einer geheimnisvollen Sprache. Wenn man die Augen dann öffnet, steht man in der Gemüseabteilung des schlicht eingerichteten „Go Asia“-Supermarkts nahe dem Stuttgarter Platz in Charlottenburg. Pak Choi, Bittergurken, Spinat und Okraschoten liegen in den Holzkistchen, die kennt man. Aber die chinesischen Auberginen sind knalllila. Sind dies daneben grüne Tomaten? „Nein, is’ auch Aubergine!“, sagt die chinesische Verkäuferin auf Nachfrage lächelnd. Eine erdige verwachsene Knolle sieht fast aus wie Sellerie, „Grote Taro“ steht auf dem Preisschild mit Foto. „Nein, is’ wie Kartoffel! Daneben sin’ klein’ Taro“, sagt die junge Dame höflich und muss dann doch über den unwissenden Kunden lachen.

Für Exotisches zum „Stutti“

Die multikulturelle Gegend um den „Stutti“ ist ein gutes Einkaufsziel für Hobbyköche. Egal ob man auf der Suche nach asiatischen Spezialitäten, deftigen polnischen Würsten, indischen Gewürzen oder besonderem russischen Wodka ist: Die Chance, sie am einst berüchtigten Rotlichtkiez zu finden, ist ziemlich groß. Die deutschen Kunden des Go-Asia-Markts schätzen auch die riesige Auswahl an Gewürzen, die asiatischen Besucher vor allem Dinge wie die frischen Enteneier, die eingelegten Quallen oder die – sogar für kulinarisch aufgeklärte Mitteleuropäer gewöhnungsbedürftigen – Zutaten der chinesischen Küche: Pansen, Rindersehnen, Entenzungen oder Hühnerfüße mit Krallen, die in den unendlichen Tiefen der Kühltruhen schlummern.

Besondere Lebensmittel findet man auch in Großmärkten wie dem „Frischeparadies Lindenberg“ in Charlottenburg, das sich ursprünglich auf die örtliche Spitzengastronomie konzentriert hatte. Exklusives wie kanadische Hummer, Steinbutt aus dem Nordatlantik oder Bio-Fleisch von der Salzwiesenschnucke ist aber seit einigen Jahren auch für normale Kunden zugänglich. Der bundesweite Großhändler hat 2011 eine Dependance an der Grenze zwischen Friedrichshain und Prenzlauer Berg eröffnet hat. Die neue gutbürgerliche Klientel aus den Trendbezirken ist eine solvente Zielgruppe für besondere Delikatessen, vom Risotto-Reis über das umfangreiche Obst- und Gemüseangebot bis zu den vielen verschiedenen Fisch- und Fleischsorten. Auch „Mitte Meer“, ein Spezialist für spanische und portugiesische Lebensmittel, hat den Ostteil der Stadt entdeckt und ist mit einer seiner drei Filialen vom Hamburger Bahnhof nach Osten in den nördlichen Prenzlauer Berg gezogen. Aus kulinarischer Sicht hat wohl sogar die Gentrifizierung angenehme Seiten.

Ein Pionier für gehobene Esskultur in Prenzlauer Berg war bereits 2007 der kleine Feinkostenladen „Goldhahn und Sampson“. Nahe dem Helmholtzplatz werden nicht nur Kaffee, Weine, feine Snacks und Kuchen verkauft, sondern auch regionale und internationale Delikatessen, seltene Gewürze, Kochbücher und -zubehör. Der gelernte Küchenchef Andreas Klöckner betreibt die liebevoll eingerichtete Mischung aus Café, American Deli und Kochschule zusammen mit Sascha Rimkus und Thomas Goldhahn. In den 1990er Jahren kochte Klöckner im angesagten Club Cookies und kennt die Probleme beim Einkauf von ungewöhnlichen Zutaten: „Noch bis vor ein paar Jahren war es oft schwierig, wenn man mal ein etwas exotischeres Gewürz oder Gemüse gesucht hat.“ So sei auch die Idee zu ihrem besonderen Laden entstanden, der nur das Beste anbieten will, das es an regionalen und internationalen Lebensmitteln gibt.

Die Idee für den Laden: Exotischere Gewürze und Gemüse waren schwer zu finden

Das Quäntchen Raffinesse

Doch Profis kaufen eher selten bei „Goldhahn und Sampson“ ein: „Die meisten Spitzenköche bestellen Ungewöhnliches im Internet, die meisten unserer Kunden sind Endverbraucher, die das letzte Quäntchen Raffinesse fürs Kochen suchen“, sagt Klöckner. Das könne ein geheimnisvoll klingendes indisches Gewürz wie Asafoedita sein, das zur perfekten Zubereitung von Chutneys benutzt wird, oder Garum, eine intensive Fischsauce: Der antike Vorgänger von Maggi war bei den alten Römern als Standardgewürz sehr beliebt und wird auch wieder in der modernen italienischen Küche verwendet.

Wie man die besonderen Zutaten nutzt, kann man bei „Goldhahn und Sampson“ vor Ort lernen. In der Kochschule wird weltweites kulinarisches Wissen vermittelt, von klassischer Basis-Fischküche über französische Haut Cuisine, von persisch-vegetarischen Rezepten zu koreanisch-bayerischer Fusionsküche: Dort stehen auf dem Lehrplan unter anderem „Flädlesuppe mit Kimchi-Consomee“ und „Kaiserschmarrn mit Pinienkernen und süßen Bohnen“. Globaler geht es kaum noch.