heute in Bremen
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„Zu viel Rumgelaber“

Podium Open Air diskutieren PolitikerInnen mit Jugendlichen über ihre Verdrossenheit

Nikolai Goldschmidt

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33, Geschäftsführer des Bremer Jugend- rings, dem Dachverband der Bremer Jugendverbände.

Taz: Herr Goldschmidt, kann man wirklich pauschal sagen, dass sich Jugendliche nicht für Politik interessieren?

Nikolai Goldschmidt: Pauschal sicher nicht. Jugendliche sind sehr wohl an verschiedenen Stellen politisch aktiv. Bezogen auf die Bürgerschafts-Wahl war in der Gruppe der 16- bis 30- Jährigen allerdings die geringste Wahlbeteiligung zu verzeichnen.

Das gilt nicht für die Jüngsten!

Stimmt: Von den Erstwählern zwischen 16 und 20 Jahren gingen noch mehr zur Wahl, als von den 21- bis 35-Jährigen. Aber insgesamt war die Beteiligung der jungen Menschen besonders gering.

Was spielt außer der sozialen Herkunft dabei eine Rolle?

Junge Menschen machen sich vor allem Sorgen um ihre Zukunft und suchen Sicherheit. Bei ihnen verstärkt sich der Effekt, den die soziale Herkunft hat: Arme Menschen sehen sich am schlechtesten in der Politik vertreten und sind es wohl de facto auch. Nur wenige Politikern stammen aus armen Verhältnissen – ebenso sind wenige von ihnen unter 30.

Was sind Ihre Erfahrungen mit dem Bremer Jugendring: Werden Jugendliche von PolitikerInnen ernst genommen oder gibt es zu viele Alibi-Veranstaltungen?

Was etwa in den Jugendbeiräten besprochen wird, kommt durchaus an. Auf Stadtteil-Ebene ist das eine super Arbeit und führt die Jugendlichen an die Politik heran. Aber insgesamt bleiben Begegnungen von Jugendlichen und Politikern oft zu oberflächlich. Die Gesprächskultur führt zu vielen Schwierigkeiten.

Inwiefern?

Junge Menschen mögen Politiker, die ihre Sprache sprechen und deren Aussagen Hand und Fuß haben. Mit Rumgelaber können sie wenig anfangen – das ist aber häufig der Fall. Wenn Jugendliche Fragen stellen, bekommen sie keine klaren Antworten. Oft können die Politiker nicht mal etwas dafür.

Können sie nicht?

Die politischen Abläufe selbst sind hoch-komplex, beinhalten Abwägungen und Kompromisse. Das schreckt viele Jugendliche ab. Unsere Aufgabe muss es daher sein, das politische System attraktiv zu halten und es Jugendlichen verständlich zu vermitteln.

Interview: jpb

18 Uhr, Osterdeich, vor den Weserterrassen