Das Ende der US-Open-Diktatur

WANDEL Das Tennisturnier in New York orientiert sich nach Jahren aberwitziger Ignoranz wieder an den Interessen seiner Spieler

NEW YORK taz | Es war in einem der größten Chaosjahre bei den US Open, 2010, als sich inmitten von Regenturbulenzen, Spielabsagen und Organisationspannen eine leicht bizarre Szene abspielte. Da verkündete der grantige Turnierdirektor Jim Curley trotzig wie ein Kind, „dass andere Turniere viel größere Probleme mit dem Wetter haben“. Und überhaupt: „Wir denken gar nicht daran, ein Dach über dem Centre Court zu installieren.“

Curley ist längst nicht mehr im Amt. Und wer nun fünf Jahre später einen Blick auf den amerikanischen Grand Slam wirft, kommt aus dem Staunen über die Zeitenwende nicht mehr heraus: Über dem größten Tennisstadion der Welt, dem Ar­thur Ashe Stadion, werden bereits die kühnen architektonischen Züge einer mächtigen Dachkonstruktion sichtbar – des Regenschirms von New York, der den Hauptplatz ab 2016 vor Wetter­unbilden bewahren soll. Auch ein neuer Grandstand-Platz entsteht gerade auf der Südseite des Billie Jean King National Tennis Centers und erhöht in Zukunft das Fanerlebnis, ein Court, in Form und Gestalt angelehnt an die Pariser Stierkampfarena.

Es scheint fast, als würde das grandiose, oft aber auch völlige konfuse Spektakel im Big Apple gerade erwachsen. Nach Jahren, in denen der Irrwitz Methode hatte. Erinnert sei etwa an die fünfmalige Verschiebung des Männerfinales 2010, an das peinliche Diktat des Turnierablaufs durch übermächtige TV-Netzwerke und an die ärgerliche Ignoranz der Turnierbosse. „Es gibt hundert Turniere im Tennis – und dann gibt es noch die US Open“, hatte einst bereits Boris Becker festgestellt und das keineswegs als Kompliment gemeint.

Doch auch der absurde Spielplan, der ganze Profigenerationen auf die Palme brachte, gehört nun der Vergangenheit an. Es gibt keinen „Super Saturday“ mehr, einst der umstrittenste Tennistag überhaupt, an dem die Männer 24 Stunden vor dem Endspiel noch ihre Halbfinals auskämpfen mussten. Es gibt auch kein Montagsfinale mehr, so wie in den Kompromissjahren 2013 und 2014, als auf Drängen der Profigewerkschaften 48 Stunden zwischen Halbfinals und Finale bei den Männern gelegt wurden.

Und es gibt auch nicht mehr eine lähmende Alleinherrschaft eines Fernsehgiganten mehr. CBS hat sich nach drei Jahrzehnten der US-Open-Diktatur vom New Yorker Tennisschauplatz verabschiedet, nun sendet allein der Sportsender ESPN. Und der hat offenbar kein Problem damit, dass ein ganz klassischer Turnierplan abgespult wird. „Das ist eine Normalität, die man sich immer gewünscht hat“, sagt Federer, „es ist auch ein Stück Fairness gegenüber den Spielern.“ Jörg Allmeroth