Karge läuft zu verbaler Hochform auf

Der Generalstaatsanwalt beim Landgericht macht mal wieder Schlagzeilen. Nach Äußerungen über die „primitivsten Buschneger“ sympathisiert er nun mit Eltern, die ihre Kinder schlagen. Das ärgert die Grünen. Sie erstatten Anzeige

In letzter Zeit war es still um Hansjürgen Karge, seines Zeichens Generalstaatsanwalt beim Berliner Landgericht. Aber nun produziert das Enfant terrible wieder Schlagzeilen. Am Montag wird der 64-jährige Chefankläger in seinem Dienstzimmer im Kriminalgericht Moabit von einem 71-jährigen Rentner verprügelt. Der beleibte Karge setzt sich mannhaft zur Wehr, kommt mit einigen Prellungen davon.

Am Dienstagabend sitzt er schon wieder bei einer Veranstaltung der CDU in Zehlendorf auf dem Podium und erteilt zum Thema Jugendkriminalität öffentliche Erziehungsratschläge. „Wenn ich sehe, wie kleine Kinder im Kaufhaus ihre Mütter terrorisieren – ich muss da immer meine Hände festhalten“, wird Karge in der Berliner Zeitung zitiert. Sein Referat über „die merkwürdigsten Konstellationen, die man jetzt Familie nennen muss“, beendete er mit den Worten: „Ich will ja nicht die Prügelstrafe wieder einführen– aber einen Klaps lasse ich mir nicht verbieten.“

Die Reaktion folgte prompt. Auch ein „Klaps“ sei in der Bundesrepublik verboten, stellte der Fraktionschef der Grünen, Volker Ratzmann, gestern klar und konterte mit einer Strafanzeige gegen Karge wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten. Indem Karge sage, er lasse sich einen Klaps nicht verbieten, mache er damit deutlich, dass er ganz bewusst bereit sei, sich über ein Verbot hinwegzusetzen. „Die ganze Republik regt sich über Kindesmisshandlungen auf, und dann konterkariert ausgerechnet der Generalstaatsanwalt die Bemühungen um eine gewaltfreie Erziehung“, empört sich Ratzmann.

An die Adresse von Justizsenatorin Schubert richtete der Grünen-Politiker die Aufforderung, gegen Karge ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Aber Schubert hat zurzeit andere Probleme. Im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses musste sie gestern wegen der Sicherheitsstandards in den Gerichten und bei der Ausführung von Gefangenen Rede und Antwort stehen. Nach dem Überfall auf Karge, dessen Büro ungesichert ist, war am Dienstag von unbekannten Tätern eine Auktion im Amtsgerichtsgebäude Lichterfelde gestürmt worden. Auch diese Täter waren ungehindert in das Gebäude gekommen. Und in der Vorwoche war ein verurteilter Drogenstraftäter bei einem Ausgang geflüchtet.

Die Äußerung von Karge kommentierte Schubert gestern mit nur einem Satz: „Das muss aufgearbeitet werden.“ Viel wird dabei vermutlich nicht herauskommen. Alle Versuche Schuberts, ihn loszuwerden, sind in der Vergangenheit gescheitert. Es ist nicht das erste Mal, dass Karge aus der Rolle fällt.

Auch das ist ein Originalzitat von Karge. „Objektive Regelverstöße müssen zu Sanktionen führen. Das ist überall so, von den primitivsten Buschnegern bis hin zu den Tieren.“ PLUTONIA PLARRE