Mein Rad, dein Rad

ONLINESHARING Das eigene Auto mit Fremden zu teilen ist längst zum Geschäftsmodell im Netz geworden. Jetzt bekommt auch der klassische Fahrradverleih Konkurrenz

Sicher ist besser. Denn Versicherungsfragen können beim Fahrradsharing für Ärger sorgen Foto: Paul Langrock/Zenit

Von Tanja Tricarico

Rasmus aus Kopenhagen mietet Gustav aus Berlin. Was nach einem unseriösen Angebot klingt, könnte sich zum Trend entwickeln – vor allem in Großstädten. Denn Rasmus ist Tourist, Gustav ein schickes Hollandrad. 10 Euro am Tag kostet den Dänen das Rad. Damit er es nach vier Tagen unbeschadet wieder zu seinem Besitzer Felix Möller zurückbringt, hat Rasmus eine Kaution von rund 150 Euro hinterlassen. Der Däne hat Rad Gustav vor seiner Abreise über das Internet gebucht.

Möller verleiht nicht nur sein eigenes Rad. Mit seiner Internetplattform upperbike macht der 30-Jährige dem klassischen Fahrradverleih Konkurrenz. Ähnlich wie beim Carsharing teilen Privatleute ihr Rad mit Fremden gegen Geld – bisher in Berlin, Hamburg und Wien. Das Prinzip ist simpel: Über die Webseite sucht der potenzielle Mieter sein Rad nach Modell, Verfügbarkeit oder Standort aus. Die Vermieter bieten Lastenräder, Mountainbikes, das hippe Fixie oder das einfache Stadtrad an. Findet der Ausleiher ein passendes Fahrrad, reserviert er online direkt beim Vermieter. Mieter und Vermieter vereinbaren dann einen Zeitpunkt für die Übergabe.

Um relativ preiswert sein Rad zu versichern, reicht in der Regel die Hausratversicherung aus. Steht es im Keller oder gar in der Wohnung, ist bei etlichen Anbietern nicht einmal eine Ausweitung der Police nötig. Wird das Rad auch von anderen genutzt oder vor allem draußen abgestellt, lohnt es sich, einen Aufpreis zu zahlen. Solch einen Schutz fürs Fahrrad gibt es in der Hausratsversicherung schon ab 50 Euro pro Jahr. Deutlich teurer ist eine extra Radversicherung. Die kann schnell bis zu 200 Euro pro Jahr kosten. Verbraucherschützer empfehlen diese Versicherung nur für besonders wertvolle Räder. www.test.de

Je nach Modell kostet das Rad pro Tag in der Regel zwischen 5 und 20 Euro. Für ein schickes Transportrad können auch 40 Euro oder mehr anfallen. Hinzu kommt eine Kaution. Die Preise legt der Vermieter fest. Wer ausleiht, kann verhandeln, vor allem, wenn er das Rad länger behalten will. Bezahlt wird in bar oder per Paypal. Je nachdem, wie sich die beiden Parteien einigen. Upperbike kümmert sich bislang nur darum, dass der Vertrag ordnungsgemäß abgeschlossen wird. Bei Versicherungsfragen rund ums Fahrrad dagegen müssen sich Mieter und Vermieter selbst einigen. „Der Mieter ist für das Rad während der Mietzeit verantwortlich. Er haftet für Beschädigungen, nicht aber für den normalen Verschleiß“, sagt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club. „Sollte das Fahrrad gestohlen werden, muss sich der Mieter darauf einrichten, dafür geradezustehen.“ Laut Filippek muss aber jeder Fall einzeln bewertet werden. Leiht ein Tourist das Rad ohne Schloss, kann der Verleiher nicht davon ausgehen, dass der Mieter sich eines aus der Heimat mitbringt oder extra eines besorgt.

Bei upperbike stellen die meisten Vermieter ein gutes Schloss zur Verfügung. Das ist auch dann wichtig, damit dem Eigentümer kein geringerer Anspruch auf Schadenersatz zugesprochen wird. Der Mieter sagt zu, das Rad an einem – mindestens vermeintlich – diebstahlsicheren Ort anzuschließen. Sonst ist mit dem Rad auch die Kaution weg. Ähnlich sieht es aus, wenn am Rad etwas kaputtgeht oder fehlt. Auch die Kosten für Ersatzteile zieht der Vermieter von der Kaution ab.

Das Rad wird online nach Modell, Standort oder Verfügbarkeit ausgesucht

Welche Kosten tatsächlich auf den Mieter im Schadensfall zukommen, ist aber mitunter unklar. Vor allem dann, wenn der Mieter für Diebstahl oder Schäden durch Unfälle nichts kann. „Als Anbieter muss man sich klar darüber sein, dass man für Mängel des Fahrrads haftet – auch für Unbekannte“, sagt Fillipek. „Sollte der Mieter durch einen technischen Defekt verunglücken, steht der Anbieter dafür gerade und hat hoffentlich eine Haftpflichtversicherung.“ Um Streit vorzubeugen, rät er Mietern und Vermietern, sich gegenseitig Personalausweis oder Reisepass vorlegen zu lassen und die Kontaktdaten zu notieren.

Upperbike hält sich aus diesen Fragen bisher heraus. „Wir machen keine Rechtsberatung“, sagt Firmenchef Möller. Er plant jedoch für die Vermieter in den kommenden Monaten eine Zusatzversicherung für den Leihzeitraum anzubieten. Damit können potenzielle Streitfälle abgesichert werden.

Upperbike ist eine Internetplattform, bei der Privatleute, bisher in Berlin, Hamburg und Wien, ihr Rad mit Fremden gegen Geld teilen, www.upperbike.com.

Zu den bereits größeren Anbiertern des Online-Bicycle Sharings gehören die Deutsche Bahn-Tochter Call-a-bike und die in 30 Städten tätigen Nextbike, www.callabike.de & www.nextbike.de.

Bei mobilaro, einem Online-Magazin für nachhaltige Mobilität, lassen sich unter anderem die Konditionen verschiedener Anbieter miteinander vergleichen, www.mobilaro.de/tag/bikesharing.

Online ein Rad zu mieten ist mit Angeboten wie Call-a-bike von der Bahn oder Nextbike längst ganz einfach geworden. Über die Webseite mobilaro.de lässt sich schnell herausfinden, welcher Anbieter gerade die besten Konditionen hat. Bei einigen Anbietern ist die erste halbe Stunde sogar kostenfrei, und über Diebstahl muss man sich keine Gedanken machen. Bike­sharing ist hingegen ein Vertrauensmodell. Für schlechte Erfahrungen können Mieter und Vermieter bei upperbike auch mal eine miese Bewertung abgeben. Die zählt, wenn es um neue Leihkunden geht.

Seit rund einem Jahr gibt es die Plattform. Enttäuschte Kundschaft habe er bisher nicht gehabt, sagt Gründer Möller. „Wir brauchen viel mehr Fahrräder.“ Zunehmend melden sich auch kommerzielle Verleiher bei der Plattform an. Für jede Vermittlung berechnet upperbike dem Vermieter 20 Prozent der Leihgebühr. Die Zahl der Kunden steigt laut Möller stetig. Ob es sich langfristig wirklich lohnt das Rad zu teilen, wird sich zeigen. Wer länger ein Fahrrad nutzen will, ist mit dem Kauf vielleicht besser beraten.