Frankreich Front National wirft Jean-Marie Le Pen raus. Der will vor Gericht ziehen
: Ein ganz „dreckiger Vatermord“

Jean-Marie Le Pen beschimpft seine Tochter Foto: Etienne Laurent/dpa

Berlin taz | Frankreichs Rechtsaußen Jean-Marie Le Pen zog wieder einmal so richtig vom Leder. Ein Mord, den die eigene Tochter mittels eines Erschießungskommandos orchestriert habe, sei ja nie erfreulich, beschied der 87-Jährige dem Sender RTL am Freitag morgen. Und: „Sie hat ihren Vater durch Handlanger töten lassen. Es ist dreckig, seinen Vater zu töten.“

Mit diesen wenig schmeichelhaften Worten reagierte Le Pen auf eine Entscheidung des rechtsextremen Front National (FN) vom Donnerstagabend. Das höchste Parteiorgan hatte beschlossen, den Mitbegründer und Ehrenvorsitzenden des FN aus der Partei auszuschließen – ein Schritt, gegen den er selbstverständlich vor Gericht ziehen werde, wie Le Pen dem Sender i-Télé sagte.

Grund für den Rauswurf des langjährigen Europaabgeordneten sind dessen antisemitische Äußerungen – zuletzt Anfang April. Da hatte Le Pen die Gaskammern der Nazis als „Detail“ der Geschichte des Zweiten Weltkrieges bezeichnet und damit vor allem einen erbitterten Streit mit seiner Tochter Marine ausgelöst. Prompt forderte die FN-Vorsitzende ihren Vater öffentlich zum Parteiaustritt auf, was aber ohne Resonanz blieb.

Anfang Mai ließ die FN-Führung Le Pens Parteimitgliedschaft für drei Monate aussetzen. Anfang Juli kassierte ein Gericht in Nanterre diesen Beschluss aus formalen Gründen. Juristisch ebenso vor Gericht scheiterte ein Versuch, Le Pen über eine schriftliche Mitgliederbefragung den Ehrenvorsitz der FN entziehen zu lassen. Dieses Procedere habe, so die Richter, parteiinterne Regeln verletzt.

Für den jüngsten Parteiausschluss machte Marine Le Pen am Donnerstagabend ihren Vater selbst verantwortlich. „Jean-Marie Le Pen hat einen Prozess losgetreten, dessen Ausgang er kannte“, sagte sie. Und Stéphane Ravier, FN-Senator für die Region Bouches-du-Rhône twitterte: „Le Pen hat sich immer der Meinungsfreiheit bedient. In der letzten Zeit hat er das jedoch getan, um die Bewegung zu attackieren.“

Marine Le Pen und auch ihr Vize Florian Philippot nahmen am Donnerstag nicht an der Sitzung des Exekutivbüros teil. Zur Begründung hieß es, sie wollten nicht zugleich „Richter und Konfliktpartei“ sein.

Die 47-jährige Le Pen hatte Anfang 2011 die Führung des Front National übernommen. Ihr Versuch, sich von den rassistischen und antisemitischen Parolen ihres Vaters zu distanzieren, soll der rechtsextremen Partei ein besseres Image verschaffen. Diese Strategie geht offenbar auf: Bei den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 wurde der FN zum ersten Mal stärkste Kraft in Frankreich. Bei den Präsidentschaftswahlen 2017 hat sie gute Chancen, in die Stichwahl zu kommen. Barbara Oertel