„Für 3,50 Euro in Schlachthöfen“

BAUERN Bürgerbewegte aus Niedersachsen demonstrieren in Berlin gegen Agrarindustrie, Tierfabriken und die Spekulation mit Nahrungsmitteln. Deutsche Bank will weiter an solchen Geschäften verdienen

Aktivisten fordern mehr Unterstützung von Kleinbauern und lokaler Produktion

Tausende Menschen – darunter viele Mitglieder von Bürgerinitiativen in Niedersachsen – haben am Samstag in Berlin gegen die Agrarindustrie demonstriert. Damit schaffte es ein Bündnis aus Umwelt-, Tierschutz- und Bauernorganisationen im dritten Jahr in Folge, unter dem Motto „Wir haben es satt“ zu einer Großdemonstration während der Agrarmesse Grüne Woche zu mobilisieren.

Nach Angaben der Veranstalter nahmen 25.000 Menschen teil, die Polizei wollte sich nicht zu Zahlen äußern, eine grobe Zählung der taz kam auf rund 10.000. Selbst das wäre angesichts des Termins im Winter und bei Dauerfrost viel für ein Thema wie die Agrarpolitik, das in den meisten Medien nur ein Nischendasein fristet.

Hubert Weiger, Hauptredner und Chef des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), warf der Agrarindustrie vor, Tiere zu quälen, in der Mast zu viele Antibiotika zu verwenden und die Umwelt durch Pestizide und Dünger zu belasten. Er forderte eine politische Wende hin zu einer bäuerlichen Landwirtschaft.

In diese Kerbe schlug auch Uschi Helmers von der Bürgerinitiative gegen einen riesigen Geflügelschlachthof im niedersächsischen Wietze. „Es darf den Politikern nicht egal sein, wenn ausländische Arbeiter für 3,50 Euro Stundenlohn in deutschen Schlachthöfen ausgebeutet werden oder dass für Tierfutter der Regenwald in Südamerika abgeholzt wird.“

Auch gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln wandten sich viele Demonstranten. Doch Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen zeigte sich davon unbeeindruckt. Am Rande der Grünen Woche erklärte er, die Bank wolle auch künftig an Nahrungsmittelspekulationen verdienen. Untersuchungen hätten „kaum“ stichhaltige Belege für einen Zusammenhang dieser Geschäfte mit dem Hunger in der Welt erbracht. Im März 2012 hatte das Institut nach Protesten von Aktivisten entschieden, vorerst keine neuen „Anlageprodukte“ auf der Basis von Grundnahrungsmitteln zu verkaufen. Kritiker sehen die zunehmende Spekulation mit solchen Wertpapieren als einen Grund für Preisanstiege, die Nahrungsmittel für Menschen in armen Ländern unbezahlbar machen.  JOST MAURIN

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